Sundern. Der Kunstverein Sundern-Sauerland e.V. präsentiert seine nächste Ausstellung: Vom 26. April bis 7. Juni 2015 werden unter dem Titel „Artefakte“ Werke des international gefeierten Fotokünstlers Boris Becker („Nein, nicht der vom Tennis!“) zu sehen sein. Diese insgesamt fünfte Ausstellung des Kunstvereins ist zugleich eine Premiere, denn erstmalig wird im neu geschaffenen Projektraum im Erdgeschoss der Stadtgalerie eine zweite Ausstellung gezeigt: „Sabine Remy feat. Lynn Skordal – mehr als die Summe der Teile.“ Zur Vernissage am Sonntag, 26. April 2015 um 14 Uhr sind alle Kunstinteressierten herzlich in die Stadtgalerie Sundern, Lockweg 3 eingeladen.
Banale Gegenstände werden künstlerisch abstrahiert
In seiner Einzelausstellung „Artefakte“ präsentiert der international gefeierte Fotokünstler Boris Becker rund 25 Arbeiten aus unterschiedlichen Werkgruppen aus den letzten 20 Jahren. Wichtig für den Kölner Künstler ist vor allem, dass eine Aufnahme als eigenständiges Bild funktioniert und weniger als präzise bzw. objektive Wiedergabe der Realität. So geht es ihm nicht um die Dokumentation von bestimmten Bauwerken oder Orten, sondern vielmehr um die darin von ihm entdeckten Facetten, die durch Menschen geschaffen wurden und ein Spiegel dafür sind, wie Menschen mit ihrem Lebensumfeld, Natur- und Kulturraum umgehen, ihn verändern oder gestalten. Dies findet Becker in Architekturen, landwirtschaftlichen Nutzflächen und Landschaften, aber auch in scheinbar banalen Gegenständen und räumlichen Situationen, die man im Alltag eher übersieht. Becker lässt mit seinem Blick auf diese Phänomene Bilder entstehen, die sich durch den künstlerischen Abstraktionsprozess auf Strukturen oder Flächen konzentrieren und in ihrer gelungenen Komposition oft malerisch wirken.
Einer der einflussreichsten deutschen Fotokünstler
Boris Becker studierte von 1982 bis 84 Visuelle Kommunikation an der HDK Berlin und 1984 bis 1990 bei Bernd Becher an der Kunstakademie Düsseldorf und zählt heute zu den einflussreichsten deutschen Foto-Künstlern. Technisch bleibt Boris Becker der von seinem Lehrer bevorzugten Großbildfotografie treu, die die detailgenaue Wiedergabe der Wirklichkeit ermöglicht. Becker setzte sich allerdings bereits früh kritisch mit dessen dokumentarisch strengem Prinzip der Realitätsabbildung auseinander: von seiner allerersten Werkgruppe „Hochbunker“ (1985 – 1989) bis hin zu den kuriosen „Fakes“ (1999 – 2001), bei denen scheinbar banale Gegenstände – eigentlich beschlagnahmte Schmuggelware aus der Asservatenkammer des ZKA – vor farbig monochromen Hintergründen präsentiert sind.
Verrätselung führt aufs Glatteis
In seinen jüngsten Werken der letzten zwei bis drei Jahre setzt sich Becker verstärkt mit dem Thema der Abstraktion auseinander. Bei „All-Over“ (zu Deutsch: formatfüllenden) Arbeiten wie „Grieger“ (2012) oder „Posamenten“ (2013) ist der Betrachter im ersten Moment verführt, sich auf die präzisen Details der fast monumentalen Aufnahmen zu fixieren – allerdings gelangt man schnell zurück zur Wahrnehmung der Gesamtkomposition, so dass ein ständiges Hin-und-Her zwischen Dokumentation und Abstraktion entsteht. Die Detailtreue und Präzision seiner Bilder verleitet den Betrachter immer wieder zum munteren Deuten des Gesehenen. Allerdings verrätselt der Künstler dann doch über die Abstraktion des reduzierten Bildausschnitts, so dass man regelrecht aufs Glatteis geführt wird.
Kleinformatige Collagen von Sabine Remy
Ähnlich kurios und rätselhaft sind die eher kleinformatigen Collagen der autodidaktischen Düsseldorfer Künstlerin Sabine Remy, die im neu eingerichteten Projektraum im Erdgeschoss der Stadtgalerie Sundern präsentiert werden. Seit vielen Jahren widmet sich Remy exklusiv dem Medium der Collage bzw. der Fotomontage, die auf Erfindungen von Wegbereitern der frühen Avantgarde wie den Kubisten Pablo Picasso und Georges Braque bzw. den Dadaisten John Heartfield, Raoul Hausmann und Hannah Höch zurückgeht. Für Remy ist das Medium der Collage, bei der gefundene Bilder aus Zeitungen, Zeitschriften, Büchern, Postkarten und anderen Druckerzeugnissen der Massenmedien aus dem ursprünglichen Kontext regelrecht herausgeschnitten und zu wundersamen Bilderwelten neu zusammengestellt werden, das perfekte Ausdrucksmittel. Remy schätzt vor allem die Zufälligkeit und Unvorhersehbarkeit dieser Arbeit, vor allem in den zahlreichen Kollaborationen, die sie mit gleichgesinnten Künstlern aus der ganzen Welt betreibt. In allen Fällen ist die Künstlerin stets auf das Material angewiesen, das ihr in dem Moment der Bildfindung zur Verfügung steht. Dabei gilt ihre Faszination mehr als alles andere dem Zustand, bei dem ursprünglich voneinander unabhängige Stücke zueinander finden, dann auch zusammen gehören und dadurch zu einer neuen Bildaussage führen. Diese erzählerische Möglichkeit begeistert die Künstlerin immer wieder. Letztlich ist es jedes Mal wie eine Reise, bei der sie nie genau weiß, wohin sie führt. Gezeigt werden Collagen und Fotomontagen aus verschiedenen Werkgruppen und Serien der letzten drei Jahre, inklusive einer Gruppe von Gemeinschaftsarbeiten, die sie zusammen mit ihrer amerikanischen Kollegin Lynn Skordal schuf.
- Eröffnung beider Ausstellungen am Sonntag, 26. April 2015 um 14 Uhr.
- Künstlergespräch mit Boris Becker am Sonntag, 17. Mai 2015 um 14 Uhr.
- Öffnungszeiten: 26. April – 7. Juni 2015; Mi bis Fr von 16 – 19 Uhr; Sa und So von 12 – 18 Uhr. An Feiertagen geschlossen. Gruppen nach Vereinbarung.
- Kontakt: info@kunstverein-sundern-sauerland.de oder Tel.: 0171 1204716