Arnsberg. Filz habe sie bisher nur bei Puschen und Mützen gekannt, sagt Ulrike Schrowe vom Sauerlandmuseum und Peter Kleine vom Kulturbüro gibt zu, dass Filzen für ihn bisher irgendwo in der Nähe von Makramee gestanden habe. Beide haben sich eines besseren belehren lassen – und sie sind sicher, dass es im kommenden Kunstsommer auch vielen anderen Arnsbergern und Gästen der Stadt so gehen wird. „Tolle Exponate, so was habe ich noch nicht gesehen,“ kommentiert Ulrike Schrowe die Ausstellung „Faszination Filz“ von Beate Bossert im Blauen Saal des Sauerlandmuseums, und Peter Kleine freut sich besonders auf das spannende Mitmach-Projekt, das Beate Bossert mit den Arnsbergern im Kunstsommer vor hat. Am 14. und 15. August will sie im Museumshof mit möglichst vielen Arnsbergern einen möglichst großen Wandteppich aus Filz herstellen, der dann auf Dauer an prominenter Stelle in Arnsberg zu sehen sein soll.
Kunstwerke vom Lakritzkonfekt bis zum Riesenkiesel
Noch bis zum 21. August sind die Werke der „Filzpäpstin“ Beate Bossert jeweils nachmittags von 15 bis 18 Uhr im Blauen Saal des Sauerlandmuseums zu bewundern. Neben dem Kontrast von hart und weich – Anfassen ist erlaubt, Umgeworfenes ist selbst wieder aufzubauen – fasziniert bei den Kunstwerken aus Filz auch die trügerische Illusion. So waren bei der Ausstellungseröffnung am Mittwoch die Lakritzkonfekt-Stücke, die zur Ausstellung gehörten, von denen, die den Besuchern zum Naschen angeboten wurden, mit dem Auge nicht so recht zu unterscheiden. Auch die Teller mit Sushi und Pralinen aus Filz sehen zum Anbeißen lecker aus und die Künstlerin hat beim Verzehr der Originale den Ehrgeiz entwickelt, täuschend echte Nachbildungen aus Filz zu fertigen. Ob große und kleine Kieselsteine in verschiedensten Zeichnungen, eine Keramikschale mit Obst, ein Holzbrett an der Wand oder Skulpturen mit filigranen Figürchen, die Ausstellung „Faszination Filz“ lässt die unendlichen Möglichkeiten des Werkstoffs Filz nur erahnen.
Über 100 Wollsorten – keine Chemie, nur Feuchtigkeit und Reibung
Beate Bossert arbeitet seit 25 Jahren mit Filz. Das Rumarbeiten ist für die immer noch ein totaler Genuss und ihr fällt auch immer noch etwas Neues ein. Kieselsteine fertigt sie als Auftragsarbeit in allen gewünschten Farben und Maserungen nach Fotos und Vorlagen, für den Kunstmäzen Würth hat sie in ihrer Heimat Baden-Württemberg sogar Schrauben gefilzt. Das Geheimnis sind die unterschiedlichen Wollsorten von über 100 Schafrassen und die Farben, die sie sich wie beim Malen teils selber mischen muss. Das Filzen ist dann kein chemischer Prozess, sondern reine Mechanik. Die losen Haare werden nach jahrhundertealten Techniken nur mit Feuchtigkeit und Reibung bearbeitet. Die Zugabe von Seife ist möglich und beschleunigt den Prozess, es geht aber auch ohne Seife. Der Filz wird erst in der Hand aus den Wollhaaren gelegt, später regelrecht getreten und zusammengestampft. Bei ihren Kieselsteinen liege der Schwund an Masse bei 50 bis 60 Prozent, erläutert die Künstlerin, bei Wandteppichen immerhin auch bei 10 bis 20 Prozent.
Kostenloses Mitmachprojekt für jeden
Im Kunstsommer gibt Beate Bossert am Mittwoch, 13. August zunächst einen Workshop „Fühl-Skulpturen“, der bereits ausgebucht ist. An den beiden folgenden Tagen kann dagegen jeder an dem offenen und kostenlosen Filz-Workshop „Faszination der Verbindung“ teilnehmen und die betörende Wandlung von der Wolle zum Teppich miterleben. Bei dem Mit-Mach-Projekt für jedes Alter wird gemeinsam die Wolle nach alter Tradition, aber mit modernem Design zu einem Teppich gelegt. „Wie bei den Nomaden wird der Teppich draußen auf der holperigen Steppe – in unserem Fall dem Kopfsteinpflaster – mit den Füßen gewalkt. Ein einmaliges Erlebnis, gemeinsam einen Wandteppich zu gestalten, der dann in Arnsberg hängen wird,“ so Beate Bossert, die bei dieser Aktion von den heimischen Filzerinnen Maria Becker und Susanne Gosmann unterstützt wird.
Wer teilnehmen will, kann
- von Anfang an dabei sein und den ganzen Weg erleben
- immer wieder dazukommen und dort mitwirken, wo die anderen gerade sind
- nur ein kleines Bisschen oder mehr beim Muster dabei sein
- nur ein kleines Bisschen oder mehr beim Walken dabei sein
- nur schauen – und dann vielleicht doch mit zuzugreifen?
Für jeden eine Möglichkeit, sich in den faszinierenden Werdegang eines Filzteppichs einzubringen. Das kostenlose Mitmachprojekt läuft am Donnerstag, 14. August von 14 bis 20 Uhr sowie am Freitag, 15. August von 11 bis 18 Uhr im Blauen Saal und im Museumshof.