Arnsberg. Nach aktuellem Stand braucht die Stadt Arnsberg in diesem Jahr noch 230 zusätzliche Plätze für Flüchtlinge. Die Zahl nannte der zuständige Fachbereichsleiter Helmut Melchert am Montag abend bei einem Bericht im Bezirksausschuss Hüsten. Er sagte auch, dass im Rathaus inzwischen ein Krisenstab eingerichtet worden sei, der sich jede Woche gleich montags um halb neun mit der aktuellen Situation beschäftige.
Werler Straße 68a wird reaktiviert
Als erste Maßnahme hat dieser Krisenstab die Reaktivierung der ehemaligen Obdachlosenunterkunft Werler Straße 68a in Neheim beschlossen, die derzeit leer steht und eigentlich im Rahmen der Haushaltskonsolidierung verkauft werden sollte. „Das bringt 30 Plätze, fehlen noch 200,“ sagte Melchert und konnte den Politikern keine weitere Lösung anbieten. Kreativität sei gefragt, sagte er, und nach Möglichkeit wolle man nicht in weitere Schulgebäude gehen, vor allem, weil dies wegen der fehlenden sanitären Möglichkeiten zu aufwändig sei.
Bis Jahresende 750 Ankömmlinge erwartet
Melchert machte den Politikern nochmals die Folgen der nahezu wöchentlich steigenden Prognosen deutlich. Arnsberg habe im Vorjahr 312 Flüchtlinge aufgenommen, etwa so viele wie in den drei Jahren zuvor zusammen. In diesem Jahr seien bereits 410 gekommen. Bis zum Jahresende werden es voraussichtlich 750 sein. Denn Arnsberg habe nach dem Zuweisungsschlüssel 0,4367 Prozent aller Flüchtlinge im Land Nordrhein-Westfalen aufzunehmen. Und die Prognosen für die Gesamtzahl der Ankömmlinge seien vom Bundesinnenminister von 250.000 im Frühjahr und 450.000 vor den Sommerferien auf inzwischen 800.000 erhöht worden. Niemand könne sagen, wie es im nächsten Jahr aussehen werde.
Rumbecker Holz wird im September bezogen
Derzeit, so Melchert, habe Arnsberg noch 50 freie Plätze in bestehenden Einrichtungen sowie die 60 Plätze in der frisch umgebauten Unterkunft im ehemaligen Schwesternheim im Rumbecker Holz, das noch nicht bezogen sei. Dort wolle man nun Anfang September mit der Belegung beginnen und dafür ausgesuchte und passende Familien aus den bestehenden Flüchtlingsheimen rausziehen, wie man es Bewohnern der Siedlung versprochen habe. Zunächst könne im Rumbecker Holz aber nur das Erdgeschoss belegt werden, weil im Obergeschoss die Brandmeldeanlage noch nicht freigeschaltet werden konnte.
Erster Bewohnerwechsel in Pestalozzi-Schule
Neuigkeiten hatte Melchert auch aus der ehemaligen Pestalozzi-Schule in Unterhüsten, wo vor drei Wochen in einem großen Kraftakt von einem Tag auf den anderen eine Notunterkunft für 150 Flüchtlinge eingerichtet wurde. Diese 150 Menschen seien am Montag aus Arnsberg abgeholt worden, um sie auf andere Orte zu verteilen. Aber bereits am Dienstag seien die nächsten 150 Flüchtlinge angekündigt, die zunächst einmal registriert und medizinisch untersucht werden müssten. Für diese Flüchtlinge seien jeweils nur drei bis fünf Tage Aufenthaltsdauer in Arnsberg eingeplant und er rechne damit, dass sich dieser Zeitablauf auch bald einspielen werde. Melchert erinnerte daran, dass die Stadt die Kosten für diese Unterkunft komplett vom Land ersetzt bekomme, die 150 Flüchtlinge aber dem eigenen Aufnahmekontingent zugerechnet werden.
Turnhalle wird Speise- und Gebetsraum
Mindestens bis zum Jahresende, möglicherweise aber auch deutlich länger werde diese Notunterkunft bestehen bleiben, sagte Melchert und berichtete auch vom Fortschritt der Bauarbeiten. Der Treppenturm, der aus Brandschutzgründen angebaut werden musste, und die dafür erforderlichen Mauerdurchbrüche seien fast fertiggestellt, so dass in Kürze auch die Obergeschosse des Schulgebäudes bezogen werden können. Dadurch könne die Turnhalle wieder freigezogen und künftig als Speiseraum, Gebetsraum und Kleiderkammer genutzt werden. Das Zelt, in dem die Bewohner derzeit essen, werde wieder abgebaut.
Oeventrop nach wie vor ein Thema
Auch die ehemalige Salus-Klinik in Oeventrop sei als Unterbringungseinrichtung des Landes nach wie vor ein Thema, berichtete Melchert, denn der Eigentümer sei nach wie vor gewillt, das Objekt zu diesem Zweck zu veräußern. Die Stadt Arnsberg sei hier allerdings nicht im Verfahren, er hoffe aber, das es dazu komme und die Stadt so weiter entlastet werden. In diesem Jahr werde die Eggeklinik aber kaum noch bezogen werden können, denn nach sieben Jahren Leerstand sei der Renovierungsbedarf groß.
Nach einem Jahr in Mietwohnung
Melchert bestätigte den Politikern, dass nach wie vor die Strategie verfolgt werde, dass Flüchtlingsfamilien spätestens nach einem Jahr aus dem Heim in eine eigene Wohnung umziehen können. Das stehe so im vom Rat beschlossenen Unterbringungskonzept und dieses Konzept sei sehr hilfreich. Die Stadt Arnsberg trete allerdings – anders als etwa der Nachbar Sundern – nicht selbst als Vermieter auf, sondern vermittele nur Wohnungen. Der Markt gebe das her.
Lob für Akzeptanz und Hilfsbereitschaft
Werner Ruhnert, Ratsmitglied der Linken, sagte, er ziehe seinen Hut vor der großen Akzeptanz und den Bemühungen so vieler Leute gerade bei der Einrichtung der Notunterkunft in der Pestalozzi-Schule. Helmut Melchert bestätigte dies. Die Hilfsbereitschaft sei so groß gewesen, dass sie die Stadt teils schon logistisch überfordert habe. Günter Simon, Ratsmitglied der AfD, fragte, ob die Stadt sich eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen gesetzt habe. Eine Frage, die Helmut Melchert mit einem klaren Nein beantwortete. Aufgenommen werde nach dem Zuweisungsschlüssel, der die Einwohnerzahl, Flächengröße und Wirtschaftskraft Arnsbergs berücksichtige.
Sieben Übergangsklassen für die Kinder
Abschließend berichtete Melchert auch von den sieben Übergangsklassen, die nach den Sommerferien im Stadtgebiet eingerichtet worden seien. Abgesehen von den Familien, die sich nur wenige Tage in der Pestalozzi-Schule aufhalten, unterlägen alle Flüchtlingskinder der Schulpflicht. Von der Kommunalen Integrationsstelle des Kreises würden sie normalerweise für ein Jahr einer Übergangsklasse zugewiesen, um dann in eine Regelklasse zu wechseln. Übergangsklassen gebe es an den Grundschulen Moosfelde, Müggenberg-Rusch, Mühlenberg und Birkenpfad, an den Realschulen Hüsten und Arnsberg sowie am Franz-Stock-Gymnasium.