Arnsberg. Es ist gute Tradition, beim alljährlichen Dreikönigsempfang der Stadt Arnsberg einen prominenten Referenten einzuladen, der bei einem speziellen Thema den Blick in die Zukunft wirft. In diesem Jahr war es Prof. Dr. med. Norbert Roeder, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Münster, der über die „Herausforderungen für die Krankenhausversorgung in den nächsten zehn Jahren“ sprach. Dabei machte Roeder, der auch Mitglied des Aufsichtsrates des Klinikums Arnsberg und damit Kenner der Situation vor Ort ist, deutlich, dass große Veränderungen anstehen, dass Arnsberg aber auf einem guten Weg sei.
„Reduzierung politisch gewollt“
„Die Rahmenbedingungen für die Krankenhäuser werden sich mit dem Ende 2015 verabschiedeten Krankenhausstrukturgesetz ab 2017 erheblich verändern. Bei gleichzeitig steigendem finanziellem Druck müssen Krankenhäuser ihre Leistungen zunehmend qualitätsgeprüft erbringen“, so Roeder. Die Politik spreche von einem notwendigen Strukturwandel, eine – möglicherweise drastische – Reduzierung der Zahl der Krankenhäuser sei politisch gewollt. Auf jeden Fall werde nicht mehr jedes Krankenhaus ein umfassendes medizinisches Angebot bereithalten können.
Nur ein Weg: Zusammenschluss und Spezialisierung
Die Einhaltung der von den Krankenhäusern selbst bundeseinheitlich festgelegten Qualitätskriterien werde überprüft und Häuser oder Abteilungen, die die Qualitätskriterien nicht erfüllten, müssten mit Schließung rechnen. Gleiches gelte auch, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht stimme, so Roeder. Da werde auch das Argument, das Krankenhaus sei für die Versorgung einer Region unverzichtbar, wenig helfen. Sicherstellungszuschläge seien dafür zwar vorgesehen, doch damit könnten nur etwa 70 von insgesamt noch 1900 Krankenhäusern rechnen. Für kleinere Krankenhäuser gibt es nach Überzeugung Roeders nur einen Weg – sich in Krankenhausbünden gemeinsam zu organisieren und spezialisierte Leistungen zukünftig in Zentren konzentriert zu erbringen.
„Hochsauerland sollte innovativ vorangehen“
„All diesen Herausforderungen muss und kann konstruktiv und innovativ begegnet werden, um die Versorgung im Hochsauerlandkreis auch zukünftig zu sichern und möglichst noch zu verbessern. Dazu ist eine viel intensivere Abstimmung der Krankenhäuser notwendig, gerade in einer Region wie dem Hochsauerlandkreis, um gemeinsam durch trägerübergreifende Kooperationen oder auch in Form einer Integration in Krankenhausverbünde die Versorgung der Bevölkerung auf qualitativ hochwertigem Niveau sicherstellen zu können“, sagte Prof. Roeder und ermunterte sehr dazu, gerade im Hochsauerlandkreis innovativ voranzugehen.
Verbesserungen für Unfallopfer und Krebspatienten nötig
Die Versorgung von Notfall- und Unfallverletzten, aber auch von krebskranken Patienten müsse besser organisiert werden, nannte Roeder zwei Beispiele. Es könne nicht angehen, dass ein schwer verletztes Unfallopfer von Olsberg bis zu zwei Stunden auf der Straße zum Uniklinikum Marburg unterwegs ist oder dass Krebspatienten zu ihrer ohnehin anstrengenden ambulanten Behandlung in großer Zahl die Wege nach Dortmund oder Münster auf sich nehmen. Deshalb sei es nötig, die Kapazität von Intensivbetten vor Ort ist an den zunehmenden Bedarf anzupassen und Leistungsschwerpunkte noch besser herauszuarbeiten.
„Geburtshilfe ein schönes Beispiel“
Ein schönes Beispiel und ein wichtiger Schritt zur Zukunftssicherung der Versorgung seien die geplanten Leistungsabstimmungen zwischen dem Klinikum Arnsberg und dem Krankenhaus Meschede mit der Verlegung der Geburtshilfe von Meschede nach Hüsten. Er könne verstehen, dass dies im Auge der Mescheder Bevölkerung ein Verlust sei. Doch gerade die Geburtshilfe sowie die Versorgung von Mutter und Kind nach der Geburt seien Leistungsbereiche, die besonders unter Qualitätsbeobachtung stünden. Niemand sage, dass bisher in Meschede nicht gut gearbeitet worden sei, doch die Qualität müsse 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche gewährleistet sein. Und das sei nur bei größeren Einheiten möglich. Es sei inzwischen nicht mehr selten, dass Geburtshilfeabteilungen auf Zeit geschlossen werden müssten, weil das Personal nicht reiche.
MVZs statt niedergelassener Ärzte
Roeder ging auch auf den Nachwuchsmangel bei Hausarzt- und auch Facharztpraxen ein. Der sei auch im Hochsauerlandkreis nicht zu übersehen und werde sich verstärken, da die zahl der niedergelassenen Ärzte, die in Ruhestand gehen, sich in den nächsten Jahren verdoppeln und verdreifachen werde. Auch hier werden die Krankenhäuser die Versorgung sichern müssen, so Roeder. Die ambulante Versorgung werde zunehmend in an das Krankenhaus angeschlossenen medizinischen Versorgungszentren – sogenannten MVZs – mit angestellten Ärzten stattfinden. Dies entspreche im übrigen auch den Wünschen der Ärzte, die heute in Ausbildung sind. Viele von ihnen legten großen Wert auf geregelte Arbeitszeiten und geregelte Freizeit. Zudem seien inzwischen 70 Prozent der Studierenden Frauen, für die die spätere Möglichkeit der Teilzeitarbeit besonders wichtig sei.
Nachwuchsgewinnung wichtig
Roeder fordert aber auch besondere Anstrengungen bei der Nachwuchsgewinnung. Dies gelte für Ärzte ebenso wie für Pflegepersonal. Schon heute könne der Ärztebedarf nur mit ausländischen Medizinern gedeckt werden. In Westfalen-Lippe seien es inzwischen 5000, in ganz Deutschland 40.000. Das werfe aus seiner Sicht ethische Fragen auf, weil diese Ärzte bei der medizinischen Versorgung in ihren Heimatländern fehlen.
Medizinische Versorgung auch Standortfaktor
Abschließend wies Roeder noch einmal besonders darauf hin, dass eine gute Gesundheitsversorgung auch eine unverzichtbare infrastrukturelle Basis für die Gewinnung von Fachkräften für die vielen wichtigen Betriebe im Hochsauerlandkreis darstelle. Ohne ein akzeptables medizinisches Versorgungsangebot werde es schwer sein, Fachkräfte und ihre Familien für die Region zu gewinnen. Gerade Fachkräfte werden jedoch in den Unternehmen benötigt, damit diese auf zukünftig ihren erfolgreichen Weg fortzusetzen und damit zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Region beitragen können.
„Das Klinikum Arnsberg hat sich schon vorbildlich auf den Weg gemacht. Helfen Sie alle mit, diesen Weg zum Erfolg zu führen“, schloss Prof. Roeder sein Referat.