Arnsberg/Körbecke. Strahlend lag die Wintersonne über dem Möhnesee, als die IHK Arnsberg am Seeufer in Körbecke ihre aktuelle IHK-Konjunkturumfrage vorstellte. „Genauso freundlich wie das Wetter sind auch die Konjukturaussichten am Hellweg und im Sauerland“, sagte IHK-Präsident Ralf Kersting, der die Umfrageergebnisse zusammen mit Unternehmerkollegen und der IHK-Geschäftsführung vorstellte. Sowohl die Einschätzung der aktuellen Wirtschaftslage als auch die Erwartungen hätten sich bei den heimischen Unternehmern nach einer kleinen Delle im zweiten Halbjahr 2013 weiter aufgehellt, sagte Kersting. Allerdings sehe die Wirtschaft auch Risikofaktoren vor allem am politischen Himmel und die Ergebnisse seien auch nach Branchen unterschiedlich.
Umfrage der IHK Arnsberg: „Ein Schnäpschen besser als bundesweit“
Rund 92 Prozent der heimischen Betriebe sehen ihre derzeitige Lage als gut oder befriedigend, rund 91 Prozent erwarten unveränderte oder bessere Geschäfte im Jahr 2014, berichtete der stellv. IHK-Hauptgeschäftsführer Ralf A. Hueß. „Das ist sogar noch ein Schnäpschen mehr als bundesweit.“ Die Grafik zum Konjunkturklimaindex spreche für sich selbst, so Hueß weiter, das Allzeithoch von vor drei Jahren sei fast wieder erreicht. Hueß erläuterte auch, dass diese Konjunkturumfrage für die Arbeitsplätze von gut zwei Drittel aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten relevant sei, also für 126.000 Arbeitsplätze in den Kreisen Hochsauerland und Soest.
Mausetote Märkte gewinnen neues Vertrauen
Kontinuierliche Verbesserungen und wachsende Zuversicht sieht die Umfrage auch bei den Exporterwartungen der Unternehmer. Über 87 Prozent der Befragten erwarten hier unveränderte oder bessere Geschäfte. Dazu beigetragen habe, so Hueß, eine unerwartet deutlichen Erholung in den USA, auch wenn es noch wichtige Märkte gebe, die Sorgen machen, etwa die Türkei. In andere europäische Märkte wie Spanien und Italien, „die mausetot waren“, wachse das Vertrauen auch wieder, so Ralf Kersting.
Industrie investiert – Einzelhandel hält sich zurück
In nicht ganz so hellen Farben müsse er die Investitionsabsichten der Unternehmer darstellen, sagte Hueß. Unterm Strich werde 2014 mehr investiert und die Industrie werde als wichtigster Investor vorweggehen, doch von einer Investitionsoffensive könne er nicht sprechen. Vor allem im Einzelhandel sind es unterm Strich über 40 Prozent der Betriebe, die weniger investieren wollen. Im Lebensmitteleinzelhandel und bei den Baumärkten sei eine Sättigung erreicht, erklärte Carlheinz Torley, Mitglied der IHK-Vollversammlung und Baustoffhändler aus Soest.
„Energiekosten sind das beherrschende Risiko“
In Sachen Investitionen berichtete der IHK-Präsident, selbst Chef eines jahrhundertealten Familienbetriebs in Olsberg, von den Problemen familiengeführter Unternehmen, die stets schon für die nächste Generation mitdenken. Eine anstehende Investition von 10 Mio. Euro für eine energieintensive Anlage bereite ihm schlaflose Nächte. Denn niemand wisse, wo der Strompreis in zehn Jahren liege, Investitionen seien aber auf 25 Jahre angelegt. So stehen denn die Energie- und Rohstoffkosten bei den Risiken, die die heimischen Unternehmer sehen, unangefochten an der Spitze. „Für drei von vier Unternehmen sind die Energiekosten das beherrschende Risiko“, so Hueß. Finanzierungen oder das Wechselkursrisiko spielten dagegen nur noch eine untergeordnete Rolle. Auch der Inlandsabsatz mache weniger Sorgen, sei bei anhaltend guter Nachfrage als Risikofaktor von Platz 2 auf Platz 5 abgesackt. Auch der Fachkräftemangel spiele, so Hueß, bei dieser auf kurzfristige Erwartungen angelegten Umfrage keine überragende Rolle, das wäre bei einer Sicht auf 10 oder 20 Jahre sicher anders. Auf Platz 2 der Risikofaktoren haben sich inzwischen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen emporgearbeitet.
„Familienunternehmer braucht Planungssicherheit“
Hier beklagt Ralf Kersting ein Übermaß an Regelungen. Der neuen Großen Koalition gesteht er eine gewisse Zeit zu, sich die Hörner abzustoßen. Doch dann fordert er Planungssicherheit für Unternehmen, die Investitionen in den Standort Deutschland möglich machen. Dabei sprach er auch die Teilbefreiung bei den Stromkosten an, die im IHK-Gebiet nur sehr, sehr wenige Betriebe betreffe. Letztlich bringe hier eine Entscheidung gegen die Teilbefreiung auch Planungssicherheit. Dann würden aber auch gewisse Produktionen in Deutschland nicht mehr stattfinden, weil die Stromkosten die geringen Umsatzrenditen auffressen würden.
„Mindestlohn in Baubranche hat die Hilfsjobs verschwinden lassen“
Das Thema Mindestlohn spiele für die Unternehmen bei der IHK Arnsberg keine wesentliche Rolle, so Kersting weiter. Er persönlich sei allerdings gespannt, wie sich der deutsche Käufer entscheide, wenn er im Mai fairen deutschen Spargel zum Preis x und griechischen oder spanischen Spargel zum Preis y angeboten bekomme. Reinhold Lade, Bauunternehmer aus Soest und Mitglied der IHK-Vollversammlung, berichtete von den Erfahrungen mit 15 Jahren Mindestlohn in der Baubranche. Dort seien die Arbeitsplätze für die „nicht so sehr qualifizierbaren Beschäftigten“ praktisch völlig verschwunden und durch Ingenieurlösungen ersetzt worden. Der Aufbau eines Gerüst, der früher eine Woche dauerte, sei heute in einem halben Tag High-Tech-Arbeit erledigt. Die Hilfsjobs seien hier abgeschafft, das vergesse die Politik oft.
„Milliarden aus der Maut müssen im Straßenbau ankommen“
Zum Thema Arbeitsplätze äußerte sich auch IHK-Vizepräsident Bernd Häger, Spediteur aus Bestwig. Denn seine Branche, der Gütertransport, fällt bei den Beschäftigungsabsichten aus dem Rahmen. Insgesamt wollen 89 Prozent der Betriebe ihre Beschäftigtenzahl unverändert halten oder sogar zulegen. Im Transportgewerbe dagegen zeigt der Balken deutlich nach unten. Das liege am fehlenden Nachwuchs, so Häger. Jedes Jahr fehlen der Branche 10.000 neue Fahrer, inzwischen seien 38 Prozent der Fahrer älter als 50 Jahre. Hier müsse dringend etwas passieren, um den Beruf attraktiver zu machen. Häger beklagte auch, dass den zwangsläufigen Investitionen in neue Euro-6-Lkws noch keine Vergünstigungen bei der Lkw-Maut gegenüberstehen. Grundsätzlich sei die Branche aber für die Maut. Die Milliarden müssten nur wieder im Straßenbau ankommen. Auch Kollege Reinhold Lehde beklagte, dass Straßen nicht gebaut werden, weil die Planungen nicht fertig sind. Dass es der Baubranche derzeit nicht schlecht gehe, könne jeder sehen, der umherfahre, sagte der Bauunternehmer. Nur im öffentlichen Sektor finde so gut wie nichts mehr statt.
„Wir werden die schlechteste Landstraße küren!“
Das Thema Straßen wird die IHK im Jahr 2014 weiter beschäftigen. IHK-Hauptgeschäftsführerin Ilona Lange kündigte eine großangelegte Protestaktion an: “ Wir werden die schlechteste Landstraße küren!“