Arnsberg. Drei Jahre nach der Fusion der drei Arnsberger Krankenhäuser zum Klinikum sind wichtige und langerwartete Entscheidungen gefallen. Das Klinikum wird einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag in die Hand nehmen, um sich am Standort Neheim zu erweitern und um durch Zentrumsbildung und weitere Spezialisierung alle drei Standorte zu Häusern mit Fachklinikcharakter weiterzuentwickeln. Mit der auf mindestens zwei bis drei Jahre angesetzten Umbauphase sollen Wachstumshemmnisse ausgeräumt und der Erfolgskurs fortgesetzt werden. Die drei Klinikum-Standorte sind damit auf 10 bis 20 Jahre gesichert.
Nach Feinplanung und Prüfungen kommen 2015 die Bagger
„Der Bagger kommt morgen noch nicht, das ist noch nicht unser Status,“ sagte Werner Kemper, Sprecher der Klinikum-Geschäftsführung, bei einer Pressekonferenz am Freitag. „Wir haben den Auftrag, jetzt in die Feinplanung zu gehen und die Finanzierung sowie alle bau- und krankenhausrechtlichen Fragen abzuklären. Damit fangen wir am Montag an.“ Möglichst früh im Jahr 2015 soll aber der Bau eines neuen Trakts am Johanneshospital in Neheim beginnen. Nach Fertigstellung des Neubaus soll die Rochade der Abteilungen beginnen, wobei es an allen drei Standorten zu weiteren, aber kleineren An- und Umbauten kommen wird.
Komplett-Neubau finanziell nicht darstellbar
Insgesamt, so der Klinikum-Aufsichtsratschef Hubert Cloer, habe man in den letzten anderthalb Jahren zwölf vollständige Konzepte entwickelt und durchgerechnet und sich am Montag schließlich für die Variante 3.2 entschieden. Unter den Szenarien waren auch die Aufgabe einzelner Standorte oder auch ein völliger Neubau an zentraler Stelle. Aber das sei in der heutigen Situation finanziell alles nicht darstellbar, so Cloer. Der Kostenrahmen, in dem man sich bewege, liege „im zweiten Drittel des zweistelligen Millionenbereichs“, sagte Kemper. Also zwischen 33 und 67 Millionen Euro. „Das ist auch das äußerste, was wir uns zumuten können,“ sagte Cloer, denn das Geld müsse aus Eigenmitteln aufgebracht werden. Ein kompletter Neubau etwa würde diese Kosten mindestens um den Faktor 5 verteuern, so Kemper.
Versorgungslücke bei Notfall- und Intensivpatienten wird geschlossen
Das Klinikum Arnsberg sei, dass könne man nach drei Jahren feststellen, ein absolutes Erfolgsmodell, sagte Kemper. Die Leistungsentwicklung sei sehr, sehr gut und noch besser als erwartet. Der Weg der Zukunftssicherung durch Spezialisierung und Zentrenbildung habe sich als richtig herausgestellt. Mit Veränderungen in bisher schon elf Abteilungen, mit neuem Personal und neuen medizinischen Geräten seien die Patientenzahlen deutlich nach oben gegangen und die Auslastung sei von 67 auf 82 Prozent gestiegen. Um die Konkurrenz- und Leistungsfähigkeit des Klinikums noch weiter zu steigern, seien jetzt bauliche Veränderungen zwingend. Mit diesen Veränderungen will das Klinikum nun auch konsequent medizinische Versorgungslücken angehen. Und eine wesentliche Lücke hat es in der Notfall- und Intensivmedizin ausgemacht. Eine Studie habe im HSK 45 Prozent zu wenig Intensivbetten ausgemacht und das Klinikum habe im letzten Jahr in über 100 Fällen Notfallpatienten in andere Häuser schicken müssen, weil die Kapazitäten ausgeschöpft waren, berichtet Kemper. Dieser Bereich soll zusammen mit einer neuen zentralen Notaufnahme im Neubau am St. Johannes-Hospital in Neheim entstehen. „Natürlich“, so Kemper, „behalten auch die Häuser in Hüsten und Arnsberg ihre Notaufnahme, aber die primäre und zentrale Notaufnahme wird künftig in Neheim sein.“
Auf Areal der „Weißen Villa“ entsteht Neubau mit über 5000 Quadratmeter
Der Neubau in Neheim mit über 5000 Quadratmeter Nutzfläche soll auf dem Areal der bereits abgerissenen „Weißen Villa“ erfolgen. Die Häuser an der Langen Wende, die im Besitz der Klinik-Stiftung sind, sollen weitgehend erhalten bleiben. Es müsse nur Platz für eine Durchfahrt geschaffen werden, erläutert Hubert Cloer. Die Liegendanfahrt solle künftig über die Straße Springufer erfolgen und die Abfahrt über die Lange Wende. Nach der Fertigstellung des Neubaus wird die Rochade der Abteilungen beginnen, wobei es im Neheimer Altbau die größten Veränderungen geben wird. Erheblich aufgewertet, so Kemper, werde der Standort Marienhospital in Arnsberg. Dort werde es künftig 216 Betten geben, 48 mehr als bisher. Das Johanneshospital wird künftig 280 Betten vorhalten, das Karolinenhospital in Hüsten 232. Auch die Hotelkomponente werde überall optimiert, sagte Kemper. So werde es in allen Kliniken genügend Wahlleistungsbetten geben und die gesamte Situation werde aufgelockert.
Drei Standorte mit klaren Profilen
Und so sieht das neue Konzept zur Bildung von Standortprofilen inkl. Kopplung der Notfall- und Intensivmedizin aus:
- Am Hüstener Standort Karolinen-Hospital sollen die Kliniken Allgemein‑, Viszeral- & Minimalinvasive Chirurgie (mit zertifiziertem Darmzentrum), Gynäkologie (mit zertifiziertem Brustzentrum) sowie Innere Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie (Magen- & Darmerkrankungen) bestehen bleiben. Die Kliniken für Urologie, Hämatologe und Onkologie (Krankheiten des Blutes & der blutbildenden Organe) sowie Schmerz-/Palliativmedizin sollen künftig nach Hüsten verlagert werden und gemeinsam mit den erstgenannten unter dem Dach des Onkologisch/Chirurgischen Zentrums kooperieren. Das Perinatalzentrum mit Geburtshilfe sowie der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin (Pädiatrie) verbleibt wie bisher in Hüsten.
- Am Neheimer Standort St. Johannes-Hospital sollen künftig Kliniken, die primär Notfälle behandeln, an einem zentralen intensiv- und notfallmedizinischen Standort konzentriert werden. So sollen als Traumatologisches/Chirurgisches Zentrum die Kliniken für Allgemein- & Unfallchirurgie, Orthopädie sowie der Kompetenzschwerpunkt Neurochirurgie nach Neheim wechseln. Die Klinik für Neurologie (inkl. Schlaganfallspezialstation) verbleibt wie bisher am Standort. Die Schlaganfallspezialstation kann dadurch an die Intensivmedizin angebunden werden. Ebenfalls in Neheim soll es künftig das Kardio-Vaskuläre Zentrum (Herz- & Gefäßerkrankungen) geben. Die Kliniken Gefäßchirurgie, Kardiologie (Herz- Kreislauferkrankungen) und Angiologie (Gefäßerkrankungen) werden dazu von Hüsten nach Neheim verlegt.
- Am Arnsberger Standort Marienhospital sollen künftig die Kliniken Geriatrie mit Tagesklinik sowie Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik mit Tagesklinik vertreten sein und dazu von Neheim nach Alt-Arnsberg verlegt werden. Die Klinik für Innere Medizin mit Schwerpunkt Diabetologie, Rheumatologie und Endokrinologie sowie die Abteilung für Infektionsmedizin verbleiben am Standort. Des Weiteren ist geplant, ein Zentrum für ambulante Akutreha am Standort zu integrieren.
Mitarbeiter freuen sich, wenn es los geht
Geschäftsführung und Aufsichtsrat haben das Konzept am Freitag in zwei Versammlungen auch den Mitarbeitern vorgelegt. „Die Mitarbeiter finden das gut und freuen sich, wenn es bald los geht,“ sagte Kerstin Koch, stellvertretende Vorsitzende der Mitarbeitervertretung. Auch Dr. med. Martin Bredendiek, der Ärztliche Direktor des Klinikums, begrüßt die Pläne, „weil sie in erster Linie der Verbesserung der Patientenversorgung dienen.“ Geschäftsführer Volker Koch sagte, er wolle die Probleme der anstehenden Bau- und Umzugsphase nicht verniedlichen, aber das seien nicht seine größten Sorgen. Schließlich habe das Klinikum da schon einige Erfahrungen und bei der Bewertung der einzelnen Szenarien auch sehr drauf geachtet, den laufenden Betrieb nicht selbst lahm zu legen. Das sei ein absolutes K.O.-Kriterium gewesen.