Arnsberg/Meschede. Während die Prominenz im Festzelt auf der Hüstener Kirmes dem Fassanstich entgegen blickte, schickt das Klinikum Arnsberg am frühen Abend noch eine Eilmeldung heraus. „Schon einige Tage brodelt die Gerüchteküche. Jetzt ist es offiziell“, meldet Klinikum-Pressesprecher Richard Bornkeßel. Das St. Walburga-Krankenhaus in Meschede und das Klinikum Arnsberg wollen ein neues Kapitel der Kooperation aufschlagen und planen eine Intensivierung der bisherigen Zusammenarbeit. „Wir beabsichtigen die Abteilung für Gynäkologie/Geburtshilfe des St. Walburga-Krankenhauses Meschede und die Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Klinikums Arnsberg zu einem leistungsstarken Zentrum zusammenzuführen und künftig am Klinikum Arnsberg, Standort Karolinen-Hospital, zu konzentrieren“, so Werner Kemper, Sprecher der Geschäftsführung am Klinikum Arnsberg. „Wir haben vor, bestimmte Kompetenzen zu bündeln, um so die medizinische Versorgung der Region zu stärken“, sagt Hartmut Hagmann, Regionalgeschäftsführer der Alexianer Misericordia GmbH, dem Träger des St. Walburga-Krankenhauses.
400 Geburten in Meschede nicht wirtschaftlich
2015 wurden im Mescheder Krankenhaus knapp über 400 Kinder geboren. Zu wenig, wie die Deutsche Krankenhausgesellschaft vorrechnet. Denn erst ab 1000 Geburten pro Jahr arbeitet eine geburtshilfliche Abteilung in Deutschland ansatzweise wirtschaftlich. Im Klinikum Arnsberg kamen 2015 rund 1200 Kinder zur Welt. „Durch die nun geplante Zusammenführung gewährleisten das St. Walburga-Krankenhaus in Meschede sowie das Klinikum in Arnsberg auch zukünftig ein flächendeckendes medizinisches Versorgungsspektrum im Einzugsgebiet beider Kliniken“, heißt es in der Pressemitteilung.
Bündelung der Kompetenzen
„Das neue Zentrum mit Frauenheilkunde und Geburtshilfe sowie der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin ist fachübergreifend bestens aufgestellt, um die Versorgung von Mutter und Kind auf höchstem fachlichen Niveau zu gewährleisten und auch Risikoschwangere, wie z.B. Frühgeburten, Mehrlingsschwangerschaften oder Schwangere mit Begleiterkrankungen bei größtmöglicher Sicherheit für Mutter und Kind betreuen zu können“, heißt es weiter.
Urologie wechselt nach Meschede
Im Gegenzug wechselt die Klinik für Urologie von Arnsberg nach Meschede, ungefähr in die Mitte des Kreisgebiets. So soll die urologische Versorgungssituation auch im oberen Sauerland verbessert werden. Die Kooperation, und insbesondere die Zusammenarbeit im onkologischen Bereich soll fortgesetzt und durch diese Maßnahme gestärkt werden. Die bisherige Mescheder Gynäkologie/Geburtshilfe und die Arnsberger Urologie seien, was das Versorgungsvolumen betrifft, wirtschaftlich ungefähr gleichgewichtig.
Umsetzung frühestens in der 2. Jahreshälfte 2017
Der Zeitpunkt der Umsetzung könne noch nicht näher benannt werden. Denn Voraussetzung sei, dass die zuständigen Genehmigungsbehörden wie auch die Aufsichtsgremien der Trägergesellschaften diesem Disziplinentausch zwischen den beiden Häusern zustimmen. „Die Politik fordert seit Jahren von uns, dass sich Krankenhausbetreiber zukunftsorientiert ausrichten und sich abstimmen. Jetzt, wo ein konkreter Vorschlag in beiden Krankenhäusern vorliegt, müssen allerdings noch viele Details abgestimmt und berücksichtigt werden“, erläutert Kemper das komplexe Abstimmungsverfahren. Frühestens in der 2. Jahreshälfte 2017 könne mit einer Umsetzung der Planungen gerechnet werden.
Sicherung von Standorten und Arbeitsplätzen
Die Maßnahme diene der Sicherung der Standorte und damit auch der Arbeitsplätze. „Wir alle haben Bedarf an guten und qualifizierten Fachkräften. Inwieweit einzelne ihren Arbeitsort zukünftig im Klinikum Arnsberg oder im Mescheder Krankenhaus haben werden, wird in persönlichen Gesprächen mit jedem einzelnen Mitarbeiter erörtert und abgestimmt“, so Anja Rapos, Geschäftsführerin des St. Walburga-Krankenhaus. „Trotz der Planungen zum Disziplinentausch haben wir weiterhin in den letzten Monaten nach Möglichkeit alle Arbeitsplätze besetzt oder entsprechende Verträge verlängert“, erläutert Rapos. Die Mitarbeiter seien über den Stand der Planungen informiert worden.
Medizinische Abteilungen arbeiten unverändert weiter
Bis die Planungen jedoch Realität werden könnten, werde es noch einige Zeit brauchen bis erforderliche Genehmigungsverfahren und betriebsorganisatorische Vorbereitungen in beiden Häusern abgeschlossen seien. Solange werde sowohl die Mescheder Abteilung Geburtshilfe/ Gynäkologie als auch die Urologie in Arnsberg ihre Arbeit wie gewohnt fortführen. Patienten würden bis zum letzten Tag des bevorstehenden Umzugs wie bisher jede medizinische Versorgung erhalten. Im Notfall ebenso wie bei geplanten Operationen und insbesondere bei Entbindungen. „Die Entscheidung für eine solche einschneidende Veränderung ist allen Verantwortlichen sehr schwer gefallen und ist ausschließlich versorgungspolitischen Notwendigkeiten geschuldet“ ergänzt Rapos. „Die Mitarbeiter der betroffenen Abteilungen – besonders der Geburtshilfe – haben trotz der schwierigen Rahmenbedingungen im Hochsauerlandkreis jahrelang qualitativ hervorragende und engagierte Arbeit geleistet, für die wir sehr dankbar sind. Wir hoffen, dass sie diese in dem jeweils neuen Haus in gleicher Qualität fortsetzen werden.“
Neue Chance für Meschede
In Meschede öffne sich dafür eine neue Tür mit einer Urologie, die medizinisch eine große Chance zur interdisziplinären Zusammenarbeit aller medizinischen Abteilungen in Meschede sein werde, heißt es.
Der Gesetzgeber fordere im Zuge seiner derzeitigen Krankenhauspolitik zunehmend eine Konzentration von Abteilungs- und Krankenhausstandorten und einen Abbau von Krankenhauskapazitäten insgesamt. “Es soll nicht mehr jeder alles machen.“ Gleichzeitig soll dabei die stationäre Versorgung auf der einen Seite flächendeckend, erreichbarkeitsorientiert und bedarfsgerecht bleiben, andererseits sollen die Krankenhäuser qualitativ hochwertig und effizient arbeiten. „Dieser Herausforderung nehmen sich die Krankenhäuser in Arnsberg, Meschede und Winterberg an, um mit gemeinsamen Strukturvorschlägen die medizinische Versorgungslandschaft weiter zu entwickeln und durch stärkere Zusammenarbeit die Patientenversorgung im HSK dauerhaft zu sichern“, heißt es abschließend in der Eilmeldung.