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„Kafkamaschine“ und die Frage: „Was ist anders heute?“

Jutta Juchmann und Stefan Wolf. (Foto: Manfred Haupthoff)
Jut­ta Juch­mann und Ste­fan Wolf. (Foto: Man­fred Haupthoff)

Arns­berg. Die neue Pro­duk­ti­on „Kaf­ka­ma­schi­ne“ des Teatron Thea­ters Arns­berg ist ein beklem­men­des, aber doch nicht per­spek­tiv­lo­ses Stück über das Leben des Pra­ger Schrift­stel­lers Franz Kaf­ka, der in sei­ner Fami­lie nie eine Bestä­ti­gung bekam für das, was er sag­te, tat und konn­te. Sein Leben wie sein lite­ra­ri­sches Werk sind geprägt von der Über­macht des Vaters und einer auto­ri­tä­ren Wert­ord­nung, von natio­na­lis­ti­schen Gewalt­ex­zes­sen in Prag sowie von indus­tri­el­ler und büro­kra­ti­scher Macht im Alltagsleben.

Viel und langer Applaus für Arnsberger Teatron Theater

Szenenfoto aus der "kafkamaschine" des Teatron Theaters: Manuel Quero, Jutta Juchmann und Yehuda Almagor (V.r.n.l.) (Foto: Manfred Haupthoff)
Sze­nen­fo­to aus der „kaf­ka­ma­schi­ne“ des Teatron Thea­ters: Manu­el Que­ro, Jut­ta Juch­mann und Yehu­da Alma­gor (V.r.n.l.) (Foto: Man­fred Haupthoff)

Der Ein­zel­ne und Kaf­ka selbst wer­den zu Gefan­ge­nen die­ser Umstän­de. Sie bre­chen aus ihnen nicht aus, weil sie auch außer­halb des eige­nen Gefäng­nis­ses nicht mehr sicher sind oder sich sicher füh­len. Statt­des­sen beschreibt Kaf­ka in einer sei­ner bekann­tes­ten Erzäh­lung „Die Ver­wand­lung“, wie sich der Han­dels­rei­sen­de Gre­gor Samsa – enga­giert gespielt von Ste­fan Wolf –  im Gefäng­nis sei­nes Ich zu einem sich am Boden win­den­den nutz­lo­sen wie freud­lo­sen Käfer ver­wan­delt. Kaf­kas „Ver­wand­lung“ nut­zen Yehu­da und Ursu­la Alma­gor um ihre gro­tes­ke wie bedrü­cken­de „Kaf­ka­ma­schi­ne“ zu kon­stru­ie­ren und auf die Büh­ne der Arns­ber­ger Kul­tur­schmie­de zu brin­gen. Sie las­sen die Kaf­ka­ma­schi­ne auf einem roten Cat­walk hin und her lau­fen, nut­zen den Wech­sel von Spra­che, Gesang, Kla­ri­net­te, Tanz und Licht­ef­fek­ten. Sie erzeu­gen so Tem­po, das das Pas­si­ve, das Beklem­men­de, Düs­te­re, eben das Kaf­ka­es­ke zum einen ver­stärkt, zum ande­ren den Ver­wand­lungs­pro­zess dar­stellt, der ja Akti­on ist und mit einer Akti­on beginnt und doch nicht frei ist und befrei­end. Der aus­ge­nutz­te, ja über­nutz­te Mensch Gre­gor Samsa, ein Arbeits­tier mit Akten­ta­sche, ver­wei­gert über Nacht die Arbeit und mutiert zum nutz­lo­sen gepan­zer­ten Käfer.

Bewusster Wechsel der Ausdrucksformen

Der Käfer – ekel­haft, farb­los und gewun­den, leben­dig, schnell und tot zugleich – her­aus­ra­gend getanzt von Manu­el Que­ro – ist dann doch nicht die freie Wahl des Gre­gor Samsa und damit Kaf­kas selbst. Das machen Alma­gors durch ihre Kon­struk­ti­on der „Kaf­ka­ma­schi­ne“, durch den bewuss­ten Wech­sel der Aus­drucks­for­men deut­lich. Es ist die Lite­ra­tur, das Thea­ter, die Musik, der Tanz, das Licht, es ist das auf­spie­len­de Leben der jid­di­schen Thea­ter­kom­pa­nien in Kaf­kas Prag, die leben­dig machen. Es sind kul­tu­rel­le Selbst­be­stim­mung und Selbst­ge­stal­tung des Men­schen, die der mate­ri­el­len Ver­ein­nah­mung des Men­schen durch Geld und Macht Gren­zen set­zen. Es ist der Selbst­wert des Men­schen, der zählt, nicht sein Nutzwert.

Was ist anders heu­te? Läuft die Kaf­ka­ma­schi­ne nicht wei­ter – heu­te getarnt und gepan­zert durch schein­bar unend­li­chen Kon­sum, Kon­sum­mög­lich­kei­ten und ver­meint­li­cher Kon­sum­frei­heit sowie längst ergänzt durch die Über­wa­chung des Men­schen durch Internetkonzerne?

Das begeis­ter­te Pre­mie­ren­pu­bli­kum in der Arns­ber­ger Kul­tur­schmie­de dank­te mit viel und lan­gem Applaus für einen groß­ar­ti­gen Thea­ter­abend. Die „Kaf­ka­ma­schi­ne“ läuft jeden­falls wei­ter in der Kul­tur­schmie­de und zwar bis einschl. zum 1.Oktober 2014  jeweils täg­lich um 20 Uhr. Es lohnt sich.

 

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