Hüsten. Die Hüstener Bezirksausschussmitglieder wollen am Dienstag in den Fraktionssitzungen die Ratsmitglieder aus den anderen Stadtteilen überzeugen, den Tagesordnungspunkt Straßenumbenennungen am Mittwoch in der Ratssitzung abzusetzen und auf Februar zu verschieben, um die Bürger der Karl-Wagenfeld-Straße und des Maria-Kahle-Wegs in die Entscheidung einzubeziehen. Das wurde den Anwohnern am Montagabend auf einer Informationsveranstaltung in der Hüstener Volksbank zugesichert, die Hüstens Bezirksausschussvorsitzender Günter Goßler leitete.
Mit rund 60 Teilnehmern – Anwohnern, Politikern und Medien – war der Konferenzraum der Volksbank fast bis auf den letzten Tag gefüllt. Die überwiegende Meinung der Anwohner war in der anderthalbstündigen überwiegend sehr sachlichen Diskussion klar erkennbar. Sie fühlen sich von der Stadtverwaltung nicht informiert, sie lehnen die Umbenennung ihrer Straßen überwiegend ab und sie fragen sich, warum das Thema überhaupt nochmals auf die Tagesordnung gekommen ist, nachdem der Bezirksausschuss Hüsten bereits 2010 Umbenennungen abgelehnt hatte.
Umfrage unter Anwohnern: 55 von 56 Antworten gegen Umbenennung
Abgestimmt wurde zwar nicht, aber die Stimmung im Raum passte zum Ergebnis einer Umfrage, die Gerhard Webers, CDU-Ratsmitglied und selbst Anwohner des Maria-Kahle-Wegs, den Anwohnern in die Briefkästen gesteckt hatte. Er habe 45 Rückläufe von der Karl-Wagenfeld-Straße und 11 vom Hüstener Teil des Maria-Kahle-Wegs bekommen, an der Karl-Wagenfeld-Straße seien 44 gegen die Umbenennung, am Maria-Kahle-Weg alle elf, sagte Webers.
Stadtarchivar: Beide Personen haben Ehre nicht verdient
Zu Beginn der Veranstaltung hatte Stadtarchivar Michael Gosmann Daten, Fakten und Zitate aus dem Leben der beiden Straßennamengeber geliefert. Beide seien noch in den 1950-er und 1960-er jahren vielgelesene Heimat- und Mundartdichter gewesen und erst neuere Forschungen hätten ihre Reden und Veröffentlichungen vor und während der NS-Zeit deutlich ans Licht gebracht. Maria Kahle habe als Journalistin schon in den 1920-er jahren ihren Beitrag zum Untergang der Weimarer Demokratie geleistet, Karl Wagenfeld habe an der Spitze des westfälischen Heimatbunds schon vor Hitlers Machtergreifung als herausragender Propagandist zum Kampf gegen Volksfremde und Schädlinge aufgefordert. Für ihn persönlich stehe fest, so Goßmann, dass diese beiden Personen die Ehre nicht mehr verdient haben, dass Straßen nach ihnen benannt werden.
Politiker irritiert über Vorgehen der Stadtverwaltung
Die Hüstener Lokalpolitiker machten durchaus deutlich, wie unappetitlich und menschenverachtend sie die damaligen Äußerungen von Wagenfeld und Kahle finden, und Michael Brüne (CDU), Bezirksausschussvorsitzender von Herdringen, wo ein Teil des Maria-Kahle-Wegs verläuft, warnte auch vor einem imageschädigenden überregionalen Medienecho, wenn Arnsberg sich gegen eine Umbenennung ausspricht, aber auch in den Wortbeiträgen der Politiker überwog die Verärgerung über die Vorgehensweise der Verwaltung in dieser Angelegenheit. „Das ist nicht normal gelaufen,“ sagte Günter Goßler (CDU), der sich ärgert, von der geplanten Umbenennung selbst auch erst aus den Medien erfahren zu haben und dann noch unter Zeitdruck gesetzt zu werden. Auch Hüstens stellv. Bezirksausschussvorsitzender Matthias Kurzius (SPD) zeigte sich „irritiert“ vom Vorgehen der Verwaltung ohne Beteiligung der Bürger und sein Fraktionskollege Andreas Posta, selbst Anwohner der Karl-Wagenfeld-Straße, forderte, die Schärfe rauszunehmen und sich um eine Vertagung zu bemühen.
Wir müsen uns jetzt gemeinsam auf den Weg machen und Überzeugungsarbeit leisten, sagte Gerhard Webers und Günter Goßler betonte, dass die Einladung an die Bürger keine Alibiveranstaltung sein sollte. Er wisse nicht, ob die Ratsmehrheit einer Vertagung des Tagesordnungspunkts zustimmen werde. Er könne aber zusagen, dass über eventuelle neue Namen für die beiden Straßen erst nach Einbeziehung der Bürger im Bezirksausschuss entschieden werde und da seien bisher immer Namen gefunden worden, mit denen die Anwohner einverstanden sind. Dass die von der Stadtverwaltung vorgeschlagenen Namen Dr.-Rudolf-Gunst-Straße und Werner-Grünewald-Weg zum Zuge kommen, sei noch keineswegs ausgemacht. Das war eine Nachricht, die für viele der Anwohner neu war und für zumindest etwas Zufriedenheit sorgte. Aus der Versammlung kam auch die Anregung, bei Umbenennungen künftig auf Personennamen und damit auf eventuelle neue Probleme zu verzichten und Namen wie Eulenweg zu wählen. „Wer möchte nicht gerne in einer Mozartstraße wohnen?“ fragte ein anderer. Die gibt es in Arnsberg tatsächlich noch nicht.