Hüsten. Die Verkehrsführung im Bereich Möthe, Müscheder Weg und Stolte Ley im Umfeld des Karolinenhospitals ist ein Thema, das die Anwohner stark bewegt. Das zeigte die große Beteiligung von weit über 100 Hüstenern, die sich bei der Infoveranstaltung der Stadt im Nebenraum der Schützenhalle drängten.
Bezirksausschuss entscheidet im Herbst
Die Stadtplaner Thomas Vielhaber und Dr. Birgitta Plass informierten die Anwohner über das Ergebnis des dreimonatigen Verkehrsversuchs mit einer einseitigen Sperrung des Müscheder Wegs und nahmen die Anregungen der Anwohner auf. Daraus werden nun Empfehlungen entwickelt, auf deren Grundlage der Bezirksausschuss Hüsten in seiner Septembersitzung die künftige Verkehrsführung beschließen soll. Ob dabei eine dauerhafte Teilsperrung des Müscheder Wegs herauskommt, ist zumindest zweifelhaft. Denn der Verkehrsversuch hat zwar eine deutliche Entlastung der Möthe gebracht, aber auch eine Reihe unerwünschter Nebenwirkungen.
Heute völlig veränderte Verkehrssituation
Zur Einleitung erinnerte Thomas Vielhaber daran, wie sich die Verkehrssituation in Hüsten seit 2008 völlig verändert habe. Der Bau der B 228n habe das ganz enorme Verkehrsaufkommen auf der Heinrich-Lübke-Straße deutlich gesenkt. Mit der Eröffnung des Kreisverkehrs habe man die Regulierung des Verkehrs vereinfachen und ein Teil des früheren Einbahnstraßensystems aufheben können. Was allerdings dazu geführt habe, dass die Verkehrsbelastung verschiedentlich auch angestiegen sei. Das Wohngebiet Flammberg und das Karolinenhospital produzierten nun mal viel Verkehr, den man auch nicht wegbekomme, es sei denn, alle würden nur noch zu Fuß gehen, so Vielhaber. Besonders betroffen vom Anstieg des Verkehrs war die Möthe. Deshalb hatte der Bezirksausschuss Ende 2014 den Verkehrsversuch beschlossen, der zwischen Weihnachten und Ostern drei Monate lang umgesetzt wurde.
Gut 1000 Fahrzeuge weniger in der Möthe
Vor dem Versuch hatte die Stadt in der Möthe fast 5300 Fahrzeuge pro Tag gezählt, die sich danach jeweils etwa zur Hälfte auf Müscheder Weg und Stolte Ley verteilen. „Ein hoher Wert“, so Plass, zwar weit entfernt vom innerstädtischen Spitzenreiter Stembergstraße mit 22.000 Fahrzeugen, aber im Bereich zwischen Mendener Straße und Möhnestraße. Auch die Heinrich-Lübke-Straße, die früher über 20.000 lag, zählt inzwischen nur noch 7900 Fahrzeuge pro Tag. Mit der Verkehrszählung, die während des Verkehrsversuchs an acht Messpunkten jeweils eine Woche lang lief, wurden die Auswirkungen der Sperrung des Müscheder Weg bergab in Richtung Möthe ermittelt. Die Zahlen lieferten im Vergleich mit denen des Vorjahres eine klare Tendenz. Die Möthe hatte noch etwa 4200 Fahrzeuge – also gut 1000 pro Tag weniger ‑zu verkraften. Dafür stieg das Aufkommen in der Straße am Freigericht um knapp 1000 Fahrzeuge, lag damit aber immer noch unter 1600 Fahrzeugen.
Möthe-Anwohner wollen etwas gerechtere Verteilung
Sie hätten viele Briefe und Emails bekommen und auch die Leserbriefe verfolgt, deshalb wüssten sie, dass die persönliche Betroffenheit von Straße zu Straße ganz unterschiedlich sei, sagten die Planer schon vorab. Und dieses Bild wurde in der Diskussion bestätigt. Anwohner der Möthe erklärten, ihre Belastung habe in den letzten zweieinhalb Jahren unerträgliche Ausmaße angenommen und sei in einem Wohngebiet niemandem mehr zuzumuten. Der Verkehrsversuch habe ihnen eine erhebliche Entlastung gebracht. Und schließlich wolle man ja nicht mehr als eine etwas gerechtere Verteilung des Verkehrs.
Umwege nerven Anwohner und Pflegedienste
Riesengroße Verärgerung über unnötige Belastungen äußerten vor allem Anwohner des Karl-Arnold-Wegs, der vom Müscheder Weg abzweigt. Sie habe die Einfahrt ihres Grundstücks Tag für Tag schon weniger Meter vor ihren Augen gesehen und sei dann auf die große Umleitungsschleife geschickt worden, beschwerte sich eine Frau. Eine andere klagte, dass die Pflegedienste „fünfmal um dem Kakao fahren“ mussten, um ihre Patienten zu erreichen. Angeführt wurde auch, dass viele vor allem ältere Friedhofsbesucher überfordert seien, wenn sie die Parkplätze vor dem Friedhof von unten anfahren und auf der Fahrbahn drehen müssten.
Am Freigericht wollen Anwohner freie Fahrt
Überraschend war die Reaktion von Anwohnern der Straße Am Freigericht, die ja die einzige war, die während des Verkehrsversuchs eine höhere Belastung zu verkraften hatte. Hier gab es ein klares Signal an die Stadtplaner, die Rüttelschwellen und zumindest auf einer Straßenseite auch die Bauminseln, die einst zur Verkehrsberuhigung angelegt wurden, wieder abzubauen, damit der Verkehr ungehindert abfließen könne. Derzeit könne man ja nicht mal mehr vernünftig Fernsehen, so ein Anwohner.
Schleichweg hinter der Karoline ein Unfallrisiko
Einmütigkeit bestand in der Versammlung, dass die Nutzung des Wicheler Wegs als Schleichweg hinter dem Krankenhaus unerwünscht sei. Die Straße sei schlecht beleuchtet und habe keinen befestigten Bürgersteig, werde aber als Schul- und Kindergartenweg viel genutzt. Die Stadt hatte hier während des Verkehrsversuchs über 570 Fahrzeuge gezählt. Ältere Vergleichszahlen liegen nicht vor. Anwohner berichteten auch, dass es dort während des Verkehrsversuchs zwei Beinahe-Unfälle gegeben habe.
Viele für Sperrung der alten Landstraße
Eine gefühlte Mehrheit im Saal gab es auch für eine Sperrung der alten Landstraße nach Müschede über den Spreiberg, auch wenn einzelne die schnelle Verbindung zu Freunden und Verwandten im Nachbarort nicht missen wollen. Die Stadt hat hier etwa 450 Fahrzeuge pro Tag gemessen, darunter vermutlich viele Pendler aus Müschede, Hachen und Sundern, die eine Alternative zur Umgehungsstraße suchen. „Da oben haben Autos überhaupt nichts zu suchen, das ist Naturschutzgebiet,“ sagte ein Hüstener. „Die Autos sind nicht weg, wenn wir da sperren, die fahren nur woanders lang, möglicherweise dann auch durch Wohngebiete in Müschede“, gab Vielhaber zu bedenken.
Kritik an Ampelschaltung und Temposündern
Massiv wurde von den Hüstenern die Ampelschaltung an der Kreuzung der Umgehungsstraße kritisiert, die erst dazu führe, dass viele Pendler sich Schleichwege suchen. Vielhaber will die Kritik der Hüstener, die er teilt, an Straßen.NRW weitergeben, machte den Hüstenern aber keine allzu große Hoffnungen. Weitergeben an den Kreis will er auch den Wunsch, dass vor allem auf dem Müscheder Weg häufiger Tempokontrollen durchgeführt werden. „Die sollen morgens um sechs messen, wenn die da mit 80 oder 90 runterkommen, nicht um elf, wenn wir mit 35 unterwegs sind,“ sagte ein älterer Hüstener. Eine Absage erteilte Vielhaber dem Wunsch, mehr Tempo-30-Schilder aufzustellen. Im gesamten Stadtgebiet seien alle Wohngebiete Tempo-30-Zonen, wenn man da anfangen würde, mittendrin weitere Schilder aufzustellen, kämen schnell ein paar hundert zusammen.
Zusätzliche Ruhrbrücke wird nicht kommen
Und noch eine Absage gab es. Eine Straße, die das Karolinenhospital und den Flammberg über eine neue Ruhrbrücke anbindet, wird es nicht geben. Dass sei ihm schon vor über 40 Jahren versprochen worden, als er sein Haus gebaut habe, sagte ein Anwohner vom Flammberg. „Mindestens 25 Millionen Euro Baukosten und das FFH-Gebiet an der Ruhr, die Brücke wird nie kommen,“ sagte Vielhaber. Auch ohne neue Brücke ist eins klar geworden: Die Hüstener wollen den Verkehr zum Karolinenhospital nicht behindern. Sie freuen sich über die positiven Entwicklungen, weil das gut für ganz Hüsten sei. Ganz genau beobachten wollen sie allerdings auch die Auswirkungen der Bewirtschaftung der Parkplätze des Krankenhauses. Einzelne Anwohner berichteten den Stadtplanern, dass jetzt schon ihre Einfahrten und Garagen rücksichtslos zugeparkt würden.
Bisschen emotional und sehr konstruktiv
Zum Abschluss der Veranstaltung präsentierte Dr. Birgitta Plass den Hüstenern drei vollgeschriebene Seiten, auf denen sie die Anregungen mitgeschrieben hatte. „Die Diskussion war ein bisschen emotional und sehr konstruktiv und wir haben viel mitgenommen,“ bilanzierte Thomas Vielhaber.