Sundern/Amecke. Die CDU im Sunderner Rat zeigte sich in Sachen Regionale-Projekt und Ferienpark in Amecke geschlossen, die Opposition verweigerte geschlossen – wenn auch mit unterschiedlichen Sichtweisen – die Zustimmung. Und möglicherweise werden noch alle Bürger Sunderns über dieses Thema entscheiden, denn die BI Amecke 21 hatte für den Fall einer schnellen Entscheidung ein kassierendes Bürgerbegehren angekündigt. „Die Politik wird sich warm anziehen müssen,“ orakelte Michael Stechele (SPD).
Bürgermeister räumt Fehleinschätzungen ein
Er sei „selbstkritisch genug, einige Fehleinschätzungen meinerseits“ einzuräumen, sagte Bürgermeister Lins gleich zu Beginn der Sondersitzung des Rates und nannte den 200.000-Euro-Kredit der Holländer an die jetzt insolvente Sundern Projekt GmbH oder den „in sich schlüssigen“ Flächentausch, die er sinnvoller Weise dem Rat im Vorfeld hätte darstellen sollen. Er beschwerte sich aber auch über den Stil der Kritik an seiner Person insbesondere in den sozialen Netzwerken, die sei „mehr als grenzwertig und belastend für meine Familie“ gewesen. Und er bedankte sich bei seinem „exzellenten Team, das Tag und Nacht an einer Lösung gearbeitet“ habe. Diesen Einsatz betrachte er auch als Vertrauensbeweis gegenüber seiner Person.
Lins: Verzicht auf öffentliches Schwimmen ist der Preis
Lins berichtete dann von den Entwicklungen seit der Bürgerversammlung in Amecke, die auch ihn überrascht hätten. Die negative Stimmung aus Amecke sei bei den Holländern angekommen, die nun die Situation entkrampfen wollten und eine abgespeckte Lösung für ihren Ferienpark mit Verzicht auf das Freibadgelände und die Appartmenthäuser verfolgten. Das die Sunderner wohl zukünftig auf die Möglichkeit des öffentlichen Schwimmens in Amecke verzichten müssten, sei der Preis, der für den Kompromiss zu zahlen sei. Diese Lösung, so warb Lins, werde für die Stadt Sundern zu einem „mehr als zufriedenstellenden Ergebnis“ führen.
Holländer: „Wollen kein Schreckgespenst der Bevölkerung sein“
Lins las dann einen Brief der Investoren vor, der ihn zwei Stunden vor der Ratssitzung erreicht habe. Die Holländer schrieben, dass nach der einvernehmlichen Erklärung der Task-Force leider eine sehr negative Stimmung entstanden sei, die sie mehr oder weniger als Spekulanten hinstelle. Das sei ein Eindruck, dem sie mit Entschiedenheit entgegentreten wollten. Sie wollten „kein Schreckgespenst für die Bevölkerung“ und „kein Spielball für die Politik“ sein. Vielmehr hoffen sie darauf, dass die Mehrheit der Bevölkerung ihrem Ferienpark positiv gegenüber steht. Sie kündigten an, dass sie den Eingangsbereich des Ferienparks neu planen und innerhalb von drei Monaten einen Antrag auf Baugenehmigung für das eigentliche Ferienparkgelände vorlegen wollen und sich auf die bisherige Partnerschaft verlassen.
„Die Bürgerversammlung in Amecke war keine Showveranstaltung, einige der dort kontrovers diskutierten Punkte sind entfallen,“ sagte Lins in seinem Resümee. Entfallen sei der Verkauf der Freibadfläche zum als Verschleuderung bezeichneten Preis von 7,50 Euro. Die Holländer hätten nicht nur auf den Kauf, sondern auch auf ihr Optionsrecht verzichtet. Auch die vier Appartmenthäuser seien vom Tisch. Die Stadt könne die für die Straßenverschwenkung und den Radweg benötigten Grundstücke kaufen – zu dem Preis, den auch die derzeitigen Besitzer dafür gezahlt hätten – und so das Regionale-Projekt fertig bauen. Zudem erhalte sie das Vermarktungsrecht der Gastronomiefläche und übernehme das Ruhrverbandsgrundstück.
845.000 Euro Verschlechterung wartet auf Refinanzierung
Weil zunächst Grundstücke gekauft, aber noch nicht verkauft werden, bezifferte Lins die Verschlechterung für die Stadt auf 845.000 Euro, stellt dem aber mehrere Refinanzierungsmöglichkeiten gegenüber. Einen Erlös für die Gastronomiefläche, der laut Gutachten deutlich über der bisherigen Planung liegen werde, Einsparungen beim Regionaleprojekt von rund 150.000 Euro, die Verlagerung der Abrisskosten des Freibads auf den künftigen Investor und letztlich den Verkauf des Freibadgeländes an einen Investor. Für dieses Gelände und angrenzende Wiesenflächen, insgesamt 34.000 Quadratmeter, läge bereits ein erheblich höheres Kaufangebot eines heimischen Interessenten vor. Auf Nachfragen erklärte Lins, dass auf diesen Flächen die Nutzung Dauerwohnen nach wie vor nicht möglich sei und die volle Planungshoheit beim Rat der Stadt liege. Vor allem bei der Gastronomiefläche solle die Vermarktung umgehend erfolgen, so Lins. Dennoch müssten möglicherweise bis zur Refinanzierung der Grundstückskäufe Punkte im städtischen Haushalt zurückgestellt werden.
SPD-Fraktionsvize Michael Stechele kritisierte scharf, dass er über eine Beschlussvorlage diskutieren solle, die er erst anderthalb Stunden vor der Sitzung aus dem Umschlag gezogen habe. Bei einer für Sunderns Zukunft so wichtigen Frage offenbare das mangelnde Wertschätzung für Bürger und Politiker. Der SPD-Antrag, den Tagesordnungspunkt deshalb abzusetzen, wurde allerdings abgelehnt, ebenso wie zuvor der Antrag der Grünen, der Bürgerinitiative Amecke 21 ein Rederecht zu geben.
FDP beklagt peinliches Einbrechen der CDU vor dem Druck
FDP-Fraktionschef Oliver Brenscheidt sagte, die Entschuldigung des Bürgermeisters käme erheblich zu spät, und der öffentliche Druck sei auch auf Ratsmitglieder enorm. Er erwarte da mehr Respekt für das Ehrenamt. In der Sache sprach er von Verfilzungen und Verfehlungen in der Vergangenheit, die nun zu erheblichen Kosten führten. Er plädierte allerdings für das Ergebnis der Task-Force als „optimale Lösung“. Es sei peinlich, wie die Kollegen von der CDU vor dem Druck einbrächen und einen auf Bürgernähe machten. Die neue Vorlage sei eine Farce, die Investoren würden vergrätzt und es werde nur einen „Ferienpark light“ geben. Entscheidungen über die Zukunft der Freibadfläche werde der Rat „mit der Pistole von 850.000 Euro auf der Brust“ treffen.
Lange: „Lieber Weg der Sicherheit“
CDU-Fraktionsvize Stefan Lange ging auf einen Punkt ein, der ihm persönlich Bauchschmerzen gemacht habe, die in der Task-Force-Vereinbarung auftauchende „noch zu gründende Gesellschaft“. Mit dem Ergebnis der Task-Force hätte man das Regionale-Projekt fertigstellen können, so Lange, allerdings mit einem Partner, den man nicht kenne. Bei einem solchen Geschäft mit blauen Augen gebe es Zweifel und Unbehagen. Ihm sei da der Weg der Sicherheit lieber, der zwar Geld koste, aber Klarheit schaffe.
Stechele: Wortbruch des Bürgermeisters
Michael Stechele kritisierte bei Lins nicht nur einen Verstoß gegen die Geschäftsordnung des Rates, über den die Kommunalaufsicht entscheiden werde, und Schönrechnerei, sondern insbesondere die Aufgabe des öffentlichen Schwimmens: „Das ist das größte Trauerspiel ihrer Amtszeit, der größte Wortbruch, das werden Ihnen die Sunderaner lange nicht vergessen.“ Stechele forderte den Bürgermeister auf, die Verhandlungsführung in andere Hände zu legen, und bedauerte, dass ihm der Mut gefehlt habe, sich am 25. Mai dem Sunderner Bürger zur Wiederwahl zu stellen.
Becker: Viel Geld für wenig Land
Grünen-Fraktionschef Antonius Becker würdigte, dass die Holländer sich bewegt hätten, wenn auch nur auf Druck der Bürgerschaft. Er kritisierte allerdings die hohen Summen, die die Stadt Sundern für wenig Land bezahle. Er sehe das als kaschierte Rückzahlung des 200.000-Euro-Kredits an die Sundern Projekt GmbH, den die Stadt eigentlich nicht zurückzahlen müsse.
Martin: Freibadfläche in Ruhe entwickeln
CDU-Fraktionschef Günter Martin sagte, dass der Schwenk der Holländer seiner Fraktion gelegen komme. „So können wir die Freibadfläche behalten und in Ruhe entwickeln.“ Er erinnerte auch daran, dass der Sunderner Rat vor einigen Jahren schon kurz vor der Entscheidung stand, das Amecker Freibad wegen zu hoher Kosten zu schließen. Immerhin habe der jährliche Zuschuss für drei Monate Öffnungszeit bei 200.000 Euro gelegen.
Matthias Schulte-Huermann, Fraktionsloser ehemaliger Grüner, erinnerte daran, dass seinerzeit für viele Leute der Ferienpark nur durch die Zusage, das öffentliche Schwimmen zu erhalten, Sinn gemacht habe. Herbert Müller, CDU-Ratsmitglied mit 25 Jahren Erfahrung, widersprach da entschieden. Es sei nicht richtig, dass man dem Ferienpark zugestimmt habe, um das Freibad zu retten. Fast alle hätten den Ferienpark als große Chance für Arbeitsplätze und Tourismus gesehen. Das Freibad sei nur ein Nebeneffekt gewesen.
FDP-Fraktion verließ den Ratssaal
Als Bürgermeister Lins das Ende der Diskussion feststellte und zur Abstimmung überging, standen die sechs FDP-Ratsmitglieder wortlos auf und verließen den Ratssaal. Mit den Stimmen der CDU-Fraktion wurde der Beschlussvorschlag angenommen. Die Verwaltung soll jetzt die dargestellt Lösung unter Hinzuziehung eines Rechtsbeistands in notarielle Verträge überführen.