Arnsberg. Der städtische Doppelhaushalt für 2014/15 ist in trockenen Tüchern. CDU und Grüne, die im Rat seit 2009 zusammen arbeiten, setzten den Etat mit ihrer Mehrheit durch. Der Tenor: Sparen und dennoch der nächsten Generation eine lebenswerte und zukunftsfähige Stadt übergeben. Die „Opposition“ von SPD und FDP stimmte ein halbes Jahr vor der Kommunalwahl gegen den Doppelhaushalt. Es waren allerdings nicht die großen Themen, nicht die dicken Brocken mit zweistelligen Millioneninvestitionen, die die Parteien entzweiten. Vielmehr herrschte bei den Haushaltsrednern Phillip Henrici (CDU), Harald Kaufung (SPD) und Hans Wulf (Grüne) Einigkeit über einen Sündenbock für die Finanzlage der Stadt, die Henrici unwidersprochen als „katastrophal“ bezeichnete: der Hochsauerlandkreis, der die von der Stadt Arnsberg zu zahlende Kreisumlage Jahr für Jahr munter um einen siebenstelligen Betrag erhöhe – bis auf 41 Millionen Euro im Jahr 2018.
FDP fürchtet Steuererhöhungen als einfachste Lösung
Trotz der Ablehnung etlicher von der FDP im Vorfeld gestellter Sparanträge sagte FDP-Fraktionschef Horst Kloppsteck, seine Fraktion hätte dem Haushalt zustimmen können, wenn nur ein Einzelhaushalt für 2014 vorgelegt worden wäre. Den Doppelhaushalt lehnen die Liberalen allerdings wegen einer Reihe erkennbarer Risiken – Zinsen, Gewerbesteuer, Kreisumlage, NRW-Tag – ab. Denn sie fürchten, so Kloppsteck, dass die Probleme am Ende durch „die einfachste Lösung, die Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuer“, gelöst werden könnten.
SPD betrachtet Relation zwischen Wirtschaftsförderung und Nass
SPD-Fraktionschef Ralf Bittner sagte zwar, die Haushaltsreden hätten ihm alle gut gefallen, dennoch lehnte die SPD den Haushalt ab, weil sie in einigen Punkten andere Schwerpunkte setzen will. „Die Dorfentwicklung fehlt als strategisches Ziel, ein Drittel der Einwohner haben auch Anrecht auf Förderung ihrer Lebensumstände,“ sagte Harald Kaufung. Und er brachte erneut das Thema Stadtmarketing ins Gespräch, mit dem neuen Hinweis auf das Stadtmarketing nach innen, das etwa die eigene Jugend besser über Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten informieren soll. Zwei Themen, die bei Schwarz und Grün nicht viel mehr als den Verweis auf eigene Anträge zu diesem Thema auslösten und die Feststellung, dass hier offenbar alle Parteien das gleiche wollten. Rätselraten auf der anderen Seite löste Kaufungs dritte SPD-Forderung aus, die Relation des Zuschussbedarfs für die Wirtschaftsförderungsgesellschaft wfa (688.000 Euro) und für das Freizeitbad Nass (1,9 Mio. Euro) „zu verbessern“. Rückfragen der CDU, ob dass weniger Geld für das Nass bedeute oder woher zusätzliches Geld kommen solle, blieben unbeantwortet. „Eine typische Luftblase!“ kommentierte CDU-Fraktionschef Klaus Kaiser.
Henrici: NRW-Tag ist Gelegenheit, die nicht wieder kommt
„Machen wir uns nichts vor, die Zahlen sind schlecht,“ sagte Phillip Henrici zu Beginn seiner Haushaltsrede und fügte hinzu: „Arnsberg wird 2014 überschuldet sein, alles andere wäre auch ein Wunder.“ Aber schon im nächsten Atemzug sprach er von den Chancen. So könne die Stadt voraussichtlich schon im nächsten Jahr ihre Rückstellungen für die Derivategeschäfte mit der WestLB auflösen. Und die Zusammenlegung der Krankenhäuser sei ein Erfolg, der kurzfristig zur Rückzahlung von Kapitalmitteln in Höhe von 3 Mio. Euro führe. „Unser Grundsatz ist, investiert wird auch in schlechten Zeiten, um Bausteine für eine zukunftsfähige Stadt zu schaffen,“ sagte Henrici und begründete damit die vorgesehenen Millioneninvestitionen für die neuen Sekundarschulen, für den Ausbau der Gewerbegebiete und für die „längst überfällige“ städtebauliche Erneuerung rund um den Arnsberger Brückenplatz. Die Ausrichtung des NRW-Tags 2016, um die sich Arnsberg beworben hat, nannte Henrici „eine Gelegenheit, die so nicht wieder kommt“. Er sei sehr zuversichtlich, dass die 300.000 Euro städtischer Eigenanteil, die im Haushalt stehen, von den starken Unternehmen am Ort aufgebracht werden können. Und wenn dann jeder von vorsichtig geschätzten 400.000 Besuchern nur 5 Euro in der Stadt lasse, seien das schon 2 Millionen Euro Einnahmen für die heimische Wirtschaft.
Dauerthema Kreisumlage: fraktionsübergreifend dicke Bretter bohren
Harald Kaufung hatte zuvor kritisiert, dass die Stadt eine schlechte Bewerbung für den NRW-Tag ohne nachvollziehbares Finanzierungskonzept vorgelegt habe. Selbst machte er dann einen originellen Finanzierungsvorschlag: „Wie wäre es, wenn der Kreis die Kosten für den NRW-Tag übernehmen würde? Die SPD könnte sich für den Gedanken erwärmen.“ Zuvor hatte sich Kaufung einmal mehr über die Kreisumlage echauffiert, die auch 2014 wieder um 1,8 Millionen Euro ansteige. Ein Thema, das auch Phillip Henrici seit Jahren spielt. „Ein unhaltbarer Zustand! Der Kreis weiß nicht, wohin mit dem Geld,“ schimpfte er. Da müssten alle Arnsberger Ratsmitglieder fraktionsübergreifend weiter dicke Bretter bohren. Auch Grünen-Fraktionschef Hans Wulf bohrt an diesen dicken Brettern, allerdings bisher mit ernüchterndem Ergebnis. „Wir regen uns auf, aber können nichts machen. Die Kollegen aus dem Kreistag hören uns einfach nicht zu,“ sagte Wulf und sprach von einem „erschreckenden“ Aufwand für die Transferleistungen, „die uns alles wegreißen“, während der Kreis seine Rücklagen nicht antastet.
Wulf: Schmerzhafte Entscheidungen bei Schulen und Kindergärten erforderlich
Wulf packte aber auch einen „dicken Brocken“ an, bei dem die Zuständigkeit bei den Arnsberger Ratsmitgliedern liegt: das Gebäudemanagement der städtischen Liegenschaften. „10,5 Millionen Euro Zuschussbedarf sind hier zu viel,“ sagte er und forderte seine Kollegen auf, Maßnahmen durchzusetzen wie etwa den Abriss oder Verkauf des Hauptschulgebäudes in Oeventrop oder die Schließung des Kindergartens in Wennigloh. „Wir haben 23.000 Quadratmeter zu viel und kommen um schmerzhafte Entscheidungen nicht herum, wenn wir das reduzieren wollen,“ sagte Wulf, der hofft, dass mit solchen Beschlüssen, die über den bestehenden Sanierungsplan hinausgehen, schon 2020 die Kredite für Investitionen um 21 Millionen reduziert worden sind und dann die Kassenkredite um einiges unter 100 Millionen Euro gedrückt werden können.
Altschulden sind noch da
Denn wenn die Stadt am Ende eines vom NRW-Stärkungspakts unterstützten zehnjährigen Sanierungsplans im Jahr 2021 einen nachhaltigen Haushaltsausgleich schafft, was „mit Glück und Geschick möglich ist“, wie es Horst Kloppsteck ausdrückte, bleiben noch die Altschulden. Die bezifferte die FDP auf 300 Millionen, was Hans Wulf als „unseriös“ bezeichnete. Nach seiner eigenen Rechnung wären es aber immer noch knappe 200 Millionen, eine Summe, deren Rückzahlung nochmals 18 Jahre dauern könnte.