Müschede/Herdringen/Arnsberg. In einem wahren Ausschuss-Sondersitzungs-Marathon werden Arnsberger Politiker in der kommenden Woche über das Gemeindlichen Einvernehmen zur Genehmigung der Phase IV des Steinbruchs Habbel der Fa. Steinbruchbetriebe Heinrich Ebel GmbH & Co. KG beraten und am Ende auch entscheiden. Dazu hat die Stadtverwaltung eine umfangreiche Beschlussvorlage vorgelegt, an der die Bürgerinitiative KOHAIV (Kontra Habbel IV) jetzt allerdings kurzfristig noch Nachbesserungen fordert. Die Bürgerinitiative warnt vor „Quasi-Automatismen“ und „Durchwinken des Verfahrens“ und stellt jahrelange Verzögerungen durch Verwaltungsgerichtsverfahren in Aussicht.
Vier Sondersitzungen von Montag bis Donnerstag
Am Donnerstag, 30. April wird der Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Arnsberg in öffentlicher Sitzung (17.30 Uhr, Rathaus, Konrad-Aenauer-Saal) darüber Beschluss fassen, ob die Stadt das sog. Gemeindliche Einvernehmen zur Steinbrucherweiterung gegenüber dem HSK erteilt, den letztlich entschieden wird die Angelegenheit beim Kreis. Bereits am 27. und 28. April werden sich die Bezirksausschüsse von Müschede (Mo, 17.30 Uhr, Feuerwehrgerätehaus) und Herdringen (Di, 17.30 Uhr, Hotel Dietzel), einen Tag später auch der Ausschuss für Planen, Bauen und Umwelt (Mi, 17.30 Uhr, Rathaus) mit dem Thema beschäftigen. Den betreffenden Ausschussmitgliedern ist hierzu in den letzten Tagen eine 34-seitige Vorlage mit einem Beschlussvorschlag zugegangen.
Stadt will Beibringung ergänzender Gutachten
Der Beschlussvorschlag sieht vor, dass das gemeindliche Einvernehmen als erteilt gelte, sofern die Überprüfung weiterer Punkte zur Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens führe. Als solche Punkte werden u. a. die Beibringung ergänzender Gutachten zur Lärm‑, Staub- und Erschütterungsbelastung aufgeführt. So werden in der Vorlage der Arnsberger Stadtverwaltung im Einzelnen folgende Nachbesserungen der Antragsunterlagen gefordert:
- Eine zusätzliche gutachterliche Aussage zur Lärmimmission des Steinbruchs auf einem Niveau von 185 m üNN bei Tag und Nacht
- Zusätzliche gutachterliche Aussagen zur Arbeit auf den obersten Sohlen bei Tag und Nacht
- Gutachterliche Empfehlungen zur Minimierung von Lärm bei Tag und Nacht
- Aussagen zu sog. „Guten Praktiken“ und der Verwendung der besten jeweils verfügbaren Technik zur Lärmreduzierung
Je nach Ergebnis regt die Vorlage den gänzlichen Verzicht auf Nachtarbeit oder aber den Verzicht von schwerem Gerät bei Nacht auf den beiden obersten Sohlen an. Weiterhin wird in der Vorlage insbesondere noch gefordert:
- Gutachterliche Aussagen zu Erschütterungen und Sprengungen sowie deren Auswirkungen bei einem Gesteinsabbau bis 185 m üNN
- Aussagen zur Feinstaubbelastung, die bislang gänzlich fehlen
- Eine vertiefende Prognostizierung der Entwicklung der Staubimmissionen
- Eine Aktualisierung der Artenschutzprüfung im Hinblick auf Brutvögel.
BI begrüßt „nicht unbedeutende positive Ansätze“
Die Bürgerinitiative Kontra Habbel IV hat nun in einem Brief an die Stadt zur Vorlage der Stadtverwaltung Stellung bezogen. In diesem Brief begrüßt die BI die aus Ihrer Sicht nicht unbedeutenden positive Ansätze, jedoch seien diese nach Auffassung der BI nicht in allen Punkten ausreichend. Als nicht ausreichend bzw. ergänzungs- oder änderungsbedürftig werden die Ausführungen zur Nachtarbeit angesehen. So ist die BI davon überzeugt, dass auf Nachtarbeit gänzlich verzichtet werden könne. Nach Auffassung der BI könne auch bei einem Verzicht auf Nachtarbeit problemlos die angestrebte und gegenüber den bisherigen Abbauphasen auch nicht zur Erhöhung beantragte Abbaumenge von 1 Mio. t erreicht werden. Dafür seien durch die Fa. Ebel lediglich betriebliche Umorganisationen erforderlich. Schließlich sei nächtlicher Lärm auf dem Berg in der Phase IV für die Müscheder Bürgerinnen und Bürger schlicht nicht hinnehmbar. Aber auch Taglärm bedürfe, so die BI, zumindest einer Minimierung. Des Weiteren fordert die BI die Vorlage valider Gutachten zur Feinstaub- und Feinststaubbelastung und stellt insoweit in Aussicht ggf. selbst einen entsprechenden Gutachter zu beauftragen.
BI lehnt Gesamtvorlage als „Quasi-Automatismus“ ab
Schließlich ist aus Sicht der BI zum jetzigen Zeitpunkt auch das Gesamtvotum der Vorlage abzulehnen. So könne es nicht sein, dass das gemeindliche Einvernehmen quasi per Automatismus als erteilt gelte, heißt es in dem Brief. Das würde nämlich bedeuten, so die BI, dass der HSK zwar die Punkte überprüfen solle, aber egal wie die Überprüfung ausfalle das gemeindliche Einvernehmen als erteilt gelte. Vielmehr könne es aus Sicht der BI nur heißen, dass die Stadt Arnsberg erst nach Vorlage der noch fehlenden bzw. konkretisierten Unterlagen entscheide, ob das Einvernehmen erteilt wird.
Bei „Durchwinken“ kündigt BI Klagen am Verwaltungsgericht an
„Aus verwaltungsrechtlicher bzw. immissionsschutzrechtlicher Sicht darf bezweifelt werden, ob der beim HSK vorliegende Antrag der Fa. Ebel. in dieser Form überhaupt entscheidungs‑, geschweige denn genehmigungsfähig ist,“ schreibt die BI. „Die Fa. Ebel scheint gut beraten zu sein, die fehlenden Unterlagen nun noch beizubringen. Dabei dürfte der avisierte Erörterungstermin 23. Juni 2015 in der Tat nicht zu halten sein. Hier geht Genauigkeit vor Schnelligkeit.“
Beim Fehlen so elementarer Teile von Antragsunterlagen müsste der HSK, si die BI, die Antragsunterlagen nach Vervollständigung neu auslegen. Auch Einwändungen durch die Bürgerinnen und Bürger könnten dann noch einmal gestellt werden. „Sofern der HSK aber gedenkt die Genehmigung so durchzuwinken, und da sind sich die Fachleute einig, würde das Verwaltungsgericht Arnsberg die entsprechende Genehmigung wohl einkassieren. Damit dürfte dann die Abbauphase IV auf lange Sicht nicht stattfinden und auch die von vielen Herdringern so sehnlichst gewünschte Betriebsstraße für viele Jahre auf Eis liegen“, schreibt die BI.
Die Bürgerinitiative schließt ihren Brief „mit ein Paradoxon: Teile des von der Fa. Ebel beigebrachten Sprenggutachtens stammen von der Firma, die auch die Sprengungen in den Steinbrüchen der Fa. Ebel durchführt. Ein Narr, der Böses dabei denkt.“
- Infos zur Bürgerinitiative: http://www.koha4.de/
- Link zur Beschlussvorlage der Stadtverwaltung: https://ratsinfo.arnsberg.de/vorgang/?__=LfyIfvCWq8SpBQj0Ne.LawLXw8Vm6Ti2Re0GJ