Sundern. „Schaun wir mal, was der Montag bringt,“ hat Bürgermeister Detlef Lins in der Sondersitzung des Hauptausschusses die Diskussion rund um das Regionale-Projekt abgeschlossen. Immerhin bringt der Montag einen runden (oder auch nicht runden) Tisch, an dem sich je zwei Vertreter aller vier Fraktionen mit dem Bürgermeister bemühen werden, eine gemeinsame Strategie für die Verhandlung mit den holländischen Ferienpark-Investoren zu erarbeiten, die Schaden von der Stadt wenden und den baldigen Weiterbau des Regionale-Projekts ermöglichen soll.
Dass einigen Mitgliedern dieses Gremiums der Name „task-force“ nicht passt und sie lieber von Arbeitsgruppe reden, ist das bei weitem geringste Problem der Akteure. Zunächst einmal müssen die Fraktionen sich einig werden. Das Bürgermeister-Konzept, das jetzt nur noch eine Diskussionsgrundlage ist, wird von den drei Oppositionsparteien strikt abgelehnt. Da wird vor allem angezweifelt, dass die Stadt Sundern wirklich, wie von Lins zusammenaddiert, ohne große Verluste aus der Sache rauskommen kann. Auch die Abgabe städtischer Grundstücke mit Seeblick zum Niedrigpreis wird kritisch hinterfragt. Das nächste Fragezeichen steht hinter dem Ja-Wort der Holländer, die sich um ihre 900.000-Euro-Investition sorgen und auf deren Einwilligung in ein Grundstückstauschgeschäft die Stadt Sundern angewiesen ist, wenn sie die neue verschwenkte Landstraße im Bereich des Regionale-Projekts am Sorpeufer fertig bauen will. Hier kreiste bereits das Wort „Rückbau“ durch den Ratssaal, der wohl nötig wäre, wenn die Holländer sich quer stellen. Rückbaukosten von mindestens 200.000 Euro wurden in der Sitzung genannt, die die Stadt allein tragen müsste. Dazu würde das Regionale-Projekt zwar nicht unmöglich, aber deutlich kleiner ausfallen. Und da bleiben natürlich noch zwei andere – vielleicht nicht ganz so dringende – Themenkomplexe voller offener Fragen: die Ursachen der Insolvenzen der Stadtmarketing-Töchter Gastwelten und Sundern Projekt sowie die zukünftige Struktur des Stadtmarketings in Sundern.
SPD sieht CDU auf den Spuren des brutalst-möglichen Aufklärers Roland Koch
So war die Diskussion im Hauptausschuss trotz des einmütigen Endes durchaus pointiert. SPD-Fraktionschef Jürgen ter Braak startete gleich mit einem Knaller-Vergleich, warf der Sunderner CDU vor, sich seit Monaten in der Nachfolge des einstigen hessischen ministerpräsidenten Roland Koch zu versuchen. Originalton ter Braak:
- Erster Akt: zusehen und zulassen, wie Nebenhaushalte aufgebaut und Gelder an den politischen Gremien vorbei eingetrieben und ausgegeben werden,
- zweiter Akt: als die ganze Sache auffliegt, nach brutalst-möglicher Aufklärung rufen und einen Sündenbock als Generalschuldigen präsentieren und den Staatsanwalt anrufen
- dritter Akt: die Aufklärung möglichst so gestalten, dass die weniger informierte Öffentlichkeit meint, nun sei alles gesagt, ohne dass aber die wirklich wichtigen Fragen aufgegriffen werden können, weil ja vieles noch im Aufklärungsprozess sei und darum noch nicht angesprochen werden könne.
In diesem dritten Akt siedelte der SPD-Fraktionschef das vorliegende Papier von Bürgermeister Lins an: „Wichtige Fragen werden erst gar nicht gestellt oder zugelassen, Kosten werden verschleiert, strukturelle Veränderungen erst gar nicht in Erwägung gezogen.“
Zu dem letzten Punkt antwortete Bürgermeister Lins, er sei der allerletzte, der sich Diskussionen über neue Strukturen verschließe. Den vorliegenden SPD-Antrag zu einem künftigen Drei-Säulen-Modell für die städtische Wirtschaftsförderung habe er diesmal noch nicht auf die Tagesordnung gesetzt, um die Sondersitzung nicht zu überfrachten. Da könne bei der nächsten Sitzung intensiv drüber diskutiert werden.
Oliver Brenscheidt: Sundern hat ein Strukturproblem
Im wie immer freundschaftlichsten Du richtete FDP-Fraktionschef Oliver Brenscheidt heftige Vorwürfe in Richtung Bürgermeister. Die Stadt Sundern habe ein echtes Strukturproblem. Duch die langen Jahre der Alleinherrschaft der CDU seien Strukturen entstanden, die dann ausgenutzt worden seien. Das Prozedere der insolventen Sundern Projekt GmbH sei in sich komplett fragwürdig und nie gut gewesen, was sich jetzt räche. Sundern habe ein krasses Problem. Für die nahe Zukunft machte Brenscheidt die Marschrichtung seiner Partei deutlich: „Die FDP will den Ferienpark und das Regionale-Projekt ganz klar, aber nicht um jeden Preis.“
Grüne sehen ihre Befürchtung eines unkalkulierbaren Risikos bestätigt
Antonius Becker erinnerte daran, dass seine Grünen-Fraktion das Großprojekt Ferienpark als einzige immer abgelehnt habe. Aud gutem Grund, wegen des Flächenverbrauchs, wegen des Verkehrsaufkommens, aber auch wegen des unkalkulierbaren Risikos bei einem Projekt dieser Größenordnung. Die Grünen hätten lieber ein mittelständisches Tourismusangebot mit 20 statt 220 Häusern gesehen. Dem Regionale-Projekt hätten sie zugestimmt, wenn es nicht als roter Teppich für den holländischen Investor ausgerollt worden wäre. Die momentane Situation mache ihm, so Becker, Kopfschmerzen. Die Stadt brauche die Grundstücke, sei aber in ihrer Position sehr beschädigt und keinesfalls auf Augenhöhe mit den Holländern, die hellwache Geschäftsleute seien. Der Grüne plädierte dafür, die Verflechtungen möglichst schnell zu lösen oder aber über eine Enteignung der für den Straßenbau benötigten Grundstücke nachzudenken.
Günter Martin: „CDU-Fraktion war auch nicht besser informiert als andere“
CDU-Fraktionschef Günter Martin sprach von einem mittelgroßen Scherbenhaufen, den es zusammenzuflicken gelte. Es sei aber zu flach, nur eine Partei dafür verantwortlich zu machen. „Wir waren nicht besser informiert als Sie auch,“ sagte er in Richtung der anderen drei Fraktionen. „Und wenn es gut gegangen wäre, hatten sich alle auf die Schulter geklopft.“ Er sprach von bedauerlichen Fehlentwicklungen und Fehleinschätzungen sowie von vernachlässigter Aufsicht und Kontrolle bei der Projekt GmbH. Das Konzept von Bürgermeister Lins nannte er klar und deutlich. Wenn er die Zahlen zusammenaddiere, sehe das so schlecht nicht aus. Alle säßen jetzt in einem Boot, das sie gemeinsam aus dem Dreck ziehen müssten. Man sei auf einem guten Weg zu einem unterm Strich für beide Seiten erträglichen Kompromiss.
Der Beigeordnete Meinolf Kühn beschwor den gemeinsamen Geist, der seinerzeit zu den Verträgen mit den Holländern geführt habe. Man müsse jetzt prüfen, was von diesem Geist noch übrig ist und was man reparieren könne.