Arnsberg/Sundern/Meschede/HSK. 2017 war ein herausforderndes Geschäftsjahr für die sechs jeweils selbstständigen Genossenschaftsbanken im HSK. Die Kombination aus Niedrigzins, wachsender Bürokratie und überzogener Regulatorik habe die genossenschaftlichen Geldinstitute – Volksbank Bigge-Lenne, Volksbank Brilon-Büren-Salzkotten, Volksbank Marsberg, Spar- und Darlehnskasse Oeventrop, Volksbank Reiste-Eslohe, Volksbank Sauerland – vor besondere Aufgaben bei der Erfüllung ihres Förderauftrages. „Dabei hat sich unser genossenschaftliches Geschäftsmodell erneut bewährt.“ Dieses Fazit zog der Sprecher der Genossenschaftsbanken im HSK, Andreas Ermecke (Volksbank Bigge-Lenne), als er gemeinsam mit seinen Vorstandskollegen Michael Reitz (Volksbank Sauerland) und Dr. Stefan Eckhardt (Volksbank Reiste-Eslohe) in einer Pressekonferenz auf das Geschäftsjahr 2017 zurückblickte.
Handlungsdruck trotz Aufschwung
Gemeinsam erstatteten die drei Bank-Chefs Bericht über ein Jahr, das den Banken im Allgemeinen und auch den Kreditgenossenschaften im Hochsauerlandkreis im Besonderen einiges abverlangte. Zwar gab es einerseits durch den „robusten Aufschwung in der Region“ und die deutlich gestiegenen Investitionsabsichten der heimischen Wirtschaft willkommenen Rückenwind. So sorgte andererseits das wirtschaftliche Umfeld für großen Handlungsdruck bei allen Banken. Beispiel „Niedrigzinsen“: Was die Kreditnehmer freut, sorgt bei Geldanlegern für Frustration. Auch für die Banken stellen die historisch niedrigen Tiefstände und die Folgen der ultra-lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank eine Herausforderung dar – mit negativen Auswirkungen auf die Betriebsergebnisse. Den Sparern drohe ihrerseits eine „schleichende Enteignung“, so die Befürchtung von Andreas Ermecke.
„Zunehmende Regulatorik belastet“
Als Belastung empfinden die Genossenschaftsbanken auch den stetig steigenden regulatorischen Aufwand. Die Erfüllung bürokratischer Vorgaben bindet immer mehr Mitarbeiter. Diese Kapazitäten würde man viel lieber für die Betreuung und Beratung der Kunden nutzen, so Ermecke. Eine zusätzliche Herausforderung liege in der Umstellung auf ein neues IT-Bankensystem, die nach der Fusion der beiden genossenschaftlichen Rechenzentren zur FIDUCIA & GAD IT in der genossenschaftlichen FinanzGruppe sukzessive eingeführt wird.
Einen immer stärkeren Handlungsdruck spüren die Kreditgenossenschaften beim Thema Digitalisierung. Schon jetzt besuchen deutlich mehr Menschen die Banken im Internet und nicht in einer der 60 Geschäftsstellen. Die Zahl der Kunden mit Online-Nutzung stieg auf 57.653 an. Hier verfügen die Genossenschaftsbanken mit „paydirekt“ über ein sicheres und einfach zu bedienendes Bezahlsystem. Immer mehr Kunden erledigen ihre Bankgeschäfte auch per App. Weiter aufwärts ging es auch mit den Zahlen für die Nutzung der 100 Geldautomaten.
2018 ist Raiffeisenjahr
2018 ist „Raiffeisenjahr“: Der Mitbegründer der genossenschaftlichen Idee, Friedrich Wilhelm Raiffeisen, wäre am 30. März 2018 200 Jahre alt geworden. Unter dem Motto „Mensch Raiffeisen. Starke Idee!“ soll das Jubiläum die Genossenschaftsidee weithin ins öffentliche Bewusstsein rücken. Schirmherr des Raiffeisen-Jahres ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Zahlreiche Veranstaltungen in ganz Deutschland – von Konferenzen und Ausstellungen bis hin zu Stadtfesten und Wanderungen auf Raiffeisens Spuren – würden die genossenschaftliche Idee präsent werden lassen. In Deutschland gibt es mehr als 8000 Genossenschaften. 22,6 Millionen Deutsche sind Mitglied einer Genossenschaft. In mehr als 100 Ländern verbessern sie die Lebensqualität von Menschen, und der Genossenschaftsgedanke ist Weltkulturerbe. „Wir laden Sie ein, aktiv zu sein“, betonte Andreas Ermecke.
Wachsende Kredite und Einlagen
Gefragt waren die sechs genossenschaftlichen Banken im HSK bei ihren Mitgliedern und Kunden im Jahr 2017 in gleichem Maße als Kreditgeber und als sicherer Verwalter privater und gewerblicher Geldvermögen, verdeutlichte Michael Reitz. Die wichtigsten Kennziffern im Überblick: Die addierte Bilanzsumme stieg um fast 4,0 Prozent auf einen neuen Höchststand von 3,4 Mrd. Euro. Das Kundengesamtvolumen erhöhte sich ebenfalls überdurchschnittlich um 5,4 Prozent auf über 6,7 Mrd. Euro. Die Impulse für dieses Wachstum kamen sowohl aus dem Aktiv- wie dem Passivgeschäft. Das Kundenkreditvolumen erhöhte sich um 5,9 Prozent auf 2,8 Mrd. Euro. Besonders langfristige Mittel waren angesichts des historisch günstigen Zinsniveaus gefragt. Die gesamten Kundeneinlagen kletterten um 5,1 Prozent auf addierte 3,9 Mrd. Euro.
Starkes Vermittlungsgeschäft
Eine starke Position nehmen die Genossenschaftsbanken traditionell bei der Vermittlung zinsgünstiger Darlehen der öffentlichen Hand ein. Im abgelaufenen Jahr vermittelten die sechs Institute insgesamt 100,5 Millionen Euro an Investoren in den Bereichen Gewerbe, Landwirtschaft und Wohnbau zu einem derartigen Darlehen – ein Plus von 26,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Eine lebhafte Geschäftstätigkeit meldeten die Banken auch aus dem Bereich „Finanzdienstleistungen“. Darunter fällt vor allem die Vermittlung von Bausparverträgen, Versicherungen, Hypothekendarlehen oder Immobilien.
Bei der Bewältigung ihrer Aufgaben setzen die sechs heimischen Kreditgenossenschaften vor allem auf kompetente Mitarbeiter. Die Zahl der Beschäftigten liegt aktuell bei 683, darunter 49 Azubis, die sich in insgesamt 1524 Schulungstagen weiter für ihre Aufgaben qualifiziert haben.
Über 90.000 Mitglieder
Für ihre 90.835 Mitglieder und 156.465 Kunden wollen die Banken jederzeit schnell erreichbar sein. Über die Form der Kontaktaufnahme – sei es persönlich, per Telefon, per App, via Internet oder wie auch immer – entscheidet dabei stets der Kunde. Im harten Wettbewerb unter den Finanzdienstleistern wollen die Kreditgenossenschaften jedoch weiterhin mit ihrer sprichwörtlichen Nähe zu den Menschen in der Region punkten. Dazu unterhalten die sechs Institute im Hochsauerlandkreis nach wie vor ein dichtes Netz, das aus 60 Geschäftsstellen besteht.
Neben ihren Mitgliedern fördern die Banken außerdem Kultur, Bildung, Sport und unterstützen karitative Organisationen in der Region. 619.000 Euro spendeten die Banken allein im vergangenen Jahr. An Steuerzahlungen wurden 6,7 Mio. Euro entrichtet.
Volksbank fördert zwei Start-ups
Stichwort Förderung junger Menschen: dieses Ziel liegt den sechs genossenschaftlichen Geldinstituten im Hochsauerlandkreis am Herzen. „Volksbank Campus Start up“ – so lautet der neue Wettbewerb, der sich an Studierende der FH Südwestfalen richtet und ihnen die Möglichkeit bietet, sich und ihre Geschäftsidee einem Publikum und einer Jury vorzustellen. Der erste „Elevator-Pitch“ fand im Sommer 2017 in den Räumen der FH Südwestfalen statt. Ein zweiter Elevator-Pitch soll am 2. Juli 2018 stattfinden, berichtete Dr. Stefan Eckhardt. Erneut sollen zwei Gründungsideen mit je 500 Euro im Monat über maximal neun Monate von den Genossenschaftsbanken gefördert werden.