Arnsberg. Die bisherige evangelische Erlöserkirche in der Arnsberger Neustadt wird mitsamt ihrem Gemeindehaus zu einer weiteren städtischen Flüchtlingsunterkunft. Wenn die Umbauarbeiten abgeschlossen sind, sollen dort bis zu 100 Flüchtlinge unterkommen können, darunter allein 40 bis 60 im bisherigen Kirchenraum, der als Schlafsaal hergerichtet wird. Die Evangelische Kirchengemeinde Arnsberg, die sich schon seit Jahren von vielen ihrer Immobilien getrennt hat, geht derweil weiter auf dem Weg, die Auferstehungskirche am Neumarkt zu einer multifunktionalen Kirche umzubauen, die dann künftig der zentrale Punkt der Gemeinde sein wird.
Ergreifender Abschiedsgottesdienst
Nachdem das Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde im November beschlossen hatte, die Erlöserkirche und das benachbarte Gemeindehaus auf Gesuch der Stadt Arnsberg zur Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen, versammelte sich am Sonntag nach Weihnachten die Gemeinde zum letzten Mal dort, um die Kirche in einem würdigen Gottesdienst zu entwidmen. So ging es beim letzten Gottesdienst in der Erlöserkirche zunächst – mitten in der eigentlich frohen Weihnachtszeit – um Trauer. Pfarrer Johannes Böhnke fiel es sichtlich schwer, sich nach 13 Dienstjahren von der Erlöserkirche zu verabschieden. Die konzentrierte Atmosphäre dieser Kirche mit ihrer wohlüberlegten Architektur habe es ihm möglich gemacht, sich zu öffnen: „Hier kommt eine Gemeinde zusammen, die zuhört.“ Alle Bänke waren mit aufmerksam zuhörenden und traurigen Gemeindegliedern besetzt. Pfarrerin Claudia Schäfer und Pfarrer Martin Schäfer sowie Wolfram Sievert, Prädikant Christoph Decker und Mitglieder des Presbyteriums gestalteten mit Böhnke den eindrucksvollen Gottesdienst. Sie erinnerten an Konfirmationen, Taufen, Trauungen, Trauerfeiern und die zahlreichen Besuche aus Bethel. 48 Jahre lang war die wie ein Zelt gebaute Kirche mit ihren bunten Lichtbändern zwischen der Decke und den Außenwänden nach dem zweiten Weltkrieg auch Heimat für Flüchtlinge und Vertriebene aus dem Osten Deutschlands und in den 90-er-Jahren für Russlanddeutschen.
Superintendent: „Gemeinde verliert eine Kirche, aber nicht den Glauben“
Alfred Hammer, Superintendent im Kirchenkreis Arnsberg, lobte den Mut, so die Zukunft der Gemeinde zu sichern. Mutig seien die Gemeindeglieder auch schon beim Bau der Kirche gewesen. Über 100 000 DM hätten sie damals zusammengetragen und auch danach die Kirche dank großer Eigeninitiative und eines Fördervereins erhalten. Als Marsberger Gemeindepfarrer wisse er, wie traurig eine Entwidmung für eine Gemeinde und ihr Presbyterium sei. Die Erlöserkirche sei die siebte Kirche, die er in seiner fünfjährigen Amtszeit als Superintendent entwidmet habe. Trost sei für ihn, dass die Gemeinde zwar die Kirche, nicht aber ihren Glauben verliere. „Dieses Haus wird ein Haus des Friedens bleiben. Menschen, die ihre Heimat verloren haben, werden hier unter dem Schatten von Gottes Flügeln Zuflucht finden,“ so Hammer. Wie Maria und Josef mit dem neugeborenen Jesuskind auf ihrer Flucht in Ägypten Herberge gefunden hätten, so würden jetzt Heimatlose hier Schutz finden.
Umzug in Auferstehungskirche
Mitglieder des Presbyteriums und der Pfadfinder trugen die Altarbibel und ‑kerzen, das Taufbecken, die Osterkerze und die Abendmahlsgeräte in einer feierlichen Prozession aus der Erlöserkirche. In der Auferstehungskirche fanden diese Zeichen noch am gleichen Tag einen würdigen Platz. Die Gemeindemitglieder verließen, teils bewegt und traurig und schweigend letztmalig „ihre“ Kirche und machten sich gemeinsam auf den Weg in die Auferstehungskirche. Dort endete auch der Gottesdienst mit Abendmahlsfeier, Segen und einem Stärkungsmahl. Rosemarie Goldner, die stellvertretende Bürgermeisterin, drückte ihre Anteilnahme und ihre Hoffnung aus, demnächst Gemeindegliedern als Helfern der Flüchtlinge in der Erlöserkirche wieder zu begegnen.
Umbau der Auferstehungskirche kostet mindestens eine halbe Million
Am letzten Sonntag haben rund 70 Gemeindemitglieder bei einem Planungstag über die Zukunft der Auferstehungskirche diskutiert. Das denkmalgeschützte klassizistische Gebäude soll so umgestaltet werden, dass hier alle etwa 20 Gruppen der Gemeinde ein Zuhause finden, große wie intimere Gottesdienste abgehalten werden und auch Konzerte veranstaltet werden können. Pfarrer Böhnke, der auch Vorsitzender des Presbyteriums ist, wünscht sich eine Lösung für die kommenden 30 Jahre, die in zwei Jahren umgesetzt werden kann. Er rechnet mit Kosten von mindestens einer halben Million Euro, denn es solle nicht die günstigste, sondern die beste Lösung umgesetzt werden, möglicherweise auch im Rahmen eines Architektenwettbewerbs. der Zeitplan soll im Frühjahr mit der Landeskirche abgestimmt werden. „Wir werden hier ein multifunktionales Wohnzimmer für den Stadtteil Arnsberg bekommen,“ freut sich Wolfgang Ploog, Pressesprecher der Gemeinde.