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Ein lockerer Präsident, der sich freut und lernt

Dicht umringt von jung und alt: der Bundespräsident auf dem Alten Markt. (Foto: Detlef Schlüchtermann)
Dicht umringt von jung und alt: der Bun­des­prä­si­dent auf dem Alten Markt. (Foto: Det­lef Schlüchtermann)

Arns­berg. Arns­berg sei eine Stadt, in der er als Rent­ner ger­ne leben wür­de, sag­te Bun­des­prä­si­dent Joa­chim Gauck beim Emp­fang im Alten Rat­haus kaum mehr als zwei Stun­den, nach­dem er in der Stadt ange­kom­men war. Zwei Stun­den, in denen er viel erlebt hat­te. Im Bür­ger­bahn­hof hat­te er sich eine gute Stun­de bei den Akteu­ren infor­miert, die Arns­berg zu einer Stadt des lan­gen und guten Lebens ent­wi­ckeln und anschlie­ßend hat­te er bei strah­lends­tem Son­nen­schein auf Stein­weg und Altem Markt ein Bad in der Men­ge genom­men. So ein freund­li­cher Emp­fang und so vie­le gut­ar­ti­ge Men­schen, das sei schon etwas mehr gewe­sen als der übli­che Emp­fang des Prä­si­den­ten, der ja über­all ordent­lich begrüßt wer­de, freu­te er sich. Ganz beson­ders freu­te er sich aber, so vie­le Men­schen ken­nen­ge­lernt zu haben, „die Ja sagen zur Vita acti­va auch noch im Alter, die fra­gen: Wo kann ich hel­fen? Wo kann ich mich nütz­lich machen? Wo wer­de ich gebraucht?“.

Ein lockeres „Morgen allerseits!“

Die Präsidentenlimousine vor dem Bürgerbahnhof. (Foto: Detlef Schlüchtermann)
Die Prä­si­den­ten­li­mou­si­ne vor dem Bür­ger­bahn­hof. (Foto: Det­lef Schlüchtermann)

Fast auf die Minu­te pünkt­lich fuhr die schwar­ze Limou­si­ne mit der Prä­si­den­ten­stan­dar­te um 10.30 Uhr vor dem Bür­ger­bahn­hof vor. Am Auto begrüß­te Bür­ger­meis­ter Hans-Josef Vogel den Prä­si­den­ten zusam­men mit Bar­ba­ra Stef­fens, der NRW-Minis­te­rin für Gesund­heit, Eman­zi­pa­ti­on, Pfle­ge und Alter. Hier war das Publi­kums­in­ter­es­se noch begrenzt, die zahl­rei­chen Sicher­heits­kräf­te und ein Pulk von mehr als zwei Dut­zend Medi­en­ver­tre­tern domi­nier­ten das Bild. Mit einem locke­ren „Mor­gen aller­seits“ schritt Joa­chim Gauck in den klei­nen Saal des Bür­ger­bahn­hofs, wo an vier Tischen ins­ge­samt 16 Arns­ber­ger Prot­ago­nis­ten dar­auf war­te­ten, dem Prä­si­den­ten von ihrer Arbeit zu berich­ten. „Das ist ja über­schau­bar, da kann ich ja allen mal das Händ­chen geben,“ sag­te Gauck und tat dies auch. Radio­mo­de­ra­to­rin Michae­la Pad­berg mode­rier­te die Gesprä­che, stell­te Gauck die Men­schen vor, die „beseelt sind von ihrer Auf­ga­be“, ob es nun um akti­ves Altern geht oder um Hil­fe bei Demenz, um den Dia­log zwi­schen den Gene­ra­tio­nen oder den Wis­sens­trans­fer. Auf die Fest­stel­lung der Mode­ra­to­rin, dass es doch unbe­frie­di­gend sei, als Rent­ner ein­fach nur zu Hau­se zu sit­zen, sag­te Gauck ein kur­zes „Ken­ne ich!“.

Spaß an Bilderbuch für die Urenkel

Beein­druckt zeig­te er sich, als Mar­tin Polenz von der Fach­stel­le Zukunft Alter berich­te­te, dass Arns­berg sich schon vor 20 Jah­ren auf den Weg gemacht habe und das The­ma im Rat heu­te unstrit­tig als neue kom­mu­na­le Pflicht­auf­ga­be betrach­tet wer­de. „Da muss ein Genie am Werk gewe­sen sein,“ sag­te Gauck. Er erfuhr vom Bür­ger­meis­ter, wie wich­tig für Arns­bergs Weg die Unter­stüt­zung durch gro­ße Stif­tun­gen – Robert Bosch, Ber­tels­mann und Ker­ber – war und lern­te, dass gut funk­tio­nie­ren­des Ehren­amt haupt­amt­li­che Unter­stüt­zung braucht, die koor­di­niert und moti­viert. Beson­ders beein­druckt war er  vom offe­nen Gespräch mit dem Demenz­kran­ken Hubert Lüt­ke-Ever­s­loh. „In einer Gemein­de, wo die Men­schen ange­fan­gen haben, auf­ein­an­der zu ach­ten , kann man sich auch zei­gen. Gro­ßes Kom­pli­ment,“ sag­te er. Sicht­lich Spaß mach­ten Gauck die Bil­der­bü­cher des Lite­ra­tur­pro­jekts „Jun­ge Bil­der vom Alter“. Als Ursu­la Hüser, Lei­te­rin der KiTa Enten­hau­sen in Bruch­hau­sen und Initia­to­rin des Pro­jekts, ihm ein Bil­der­buch schenk­te, ver­sprach er, dies inten­siv zu nut­zen, denn es stei­ge­re sei­ne psy­chi­sche Sta­bi­li­tät als Prä­si­dent eben­so wie sei­ne Kom­pe­tenz als Opa und Uropa.

Bad in der Menge

Joachim gauck schüttelte viele Hände. (Foto: Detlef Schlüchtermann)
Joa­chim Gauck schüt­tel­te vie­le Hän­de. (Foto: Det­lef Schlüchtermann)

Als Gauck kurz vor Mit­tag auf dem abge­sperr­ten Stein­weg ankam, hat­ten sich dort inner­halb weni­ger Minu­ten dich­te Men­schen­trau­ben gebil­det. Hun­der­te umla­ger­ten den Prä­si­den­ten, der kei­ner­lei Berüh­rungs­ängs­te erken­nen ließ. Er schüt­tel­te Hän­de, gab Auto­gram­me, ließ sich foto­gra­fie­ren, nahm Map­pen und Brie­fe ent­ge­gen und wid­me­te sich auch den vie­len Kin­dern. Das Bad in der Men­ge war so inten­siv, dass der wohl­ge­plan­te Foto­punkt vor der Glo­cken­turm­ku­lis­se ein wenig zu kurz kam. Mit rund 15 Minu­ten Ver­spä­tung kamen der Bun­des­prä­si­dent, der Bür­ger­meis­ter und die Minis­te­rin im Rit­ter­saal des Alten Rat­hau­ses an.

Mehr Engagierte als Prominente beim Empfang im Rathaus

Zum offi­zi­el­len Emp­fang dort waren vor allem die Arns­ber­ger ein­ge­la­den, die das Alter und das älter wer­den zu ihrer eige­nen Sache gemacht haben und sich groß­ar­tig enga­gie­ren, wie Bür­ger­meis­ter Vogel sag­te. Für bun­te Farb­tup­fer sorg­te der Zir­kus Fan­tastel­lo des JBZ mit sei­nen „Gauck“-lern. Aber auch poli­ti­sche Pro­mi­nenz begrüß­te den Prä­si­den­ten. Regie­rungs­prä­si­dent Gerd Bol­ler­mann und Land­rat Karl Schnei­der, die Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten Patrick Sen­s­burg und Dirk Wie­se und die Frak­ti­ons­vor­sit­zen­den der Par­tei­en im Arns­ber­ger Rat waren gekom­men – bis auf Jür­gen Anto­ni von der AfD, der aus Pro­test gegen die sei­ner Mei­nung nach unnö­ti­gen Kos­ten des Besuchs abge­sagt hatte.

LED-Lampe für den Präsidentenschreibtisch

Joachim Gauck trug sich ins Goldene Buch der Stadt Arnsberg ein. (Foto: oe)
Joa­chim Gauck trug sich ins Gol­de­ne Buch der Stadt Arns­berg ein. (Foto: oe)

Auch im Rat­haus gab sich der Prä­si­dent locker, begann sei­ne Rede mit einem „Die Zet­tel hier lass‘ ich mal weg!“, und berich­te­te, dass er in Arns­berg bereits viel gese­hen und gehört habe und auch in sei­nem Alter noch dazu ler­nen kön­ne. Bür­ger­meis­ter Vogel sag­te, der Besuch sei für Arns­berg Aner­ken­nung, Aus­zeich­nung und Ansporn zugleich, denn das sich ver­ant­wort­lich Füh­len der gan­zen Stadt sei noch lan­ge nicht gelun­gen. Minis­te­rin Bar­ba­ra Stef­fens sag­te, es müss­ten noch man­che Struk­tu­ren ver­än­dert wer­den, doch es sei mög­lich Schät­ze zu heben. Wenn ein län­ge­res leben auch mit mehr Lebens­in­halt gefüllt wer­de, könn­te dies Kran­ken- und Pfle­ge­kas­sen enorm ent­las­ten. Bevor es im Rit­ter­saal bei Mine­ral­was­ser und Apfel­saft in eine locke­re Dis­kus­si­on ging, trug sich der Bun­des­prä­si­dent noch ins Gol­de­ne Buch der Stadt ein. Als Geschenk gab ihm der Bür­ger­meis­ter eine LED-Schreib­tisch­lam­pe aus Arns­ber­ger Pro­duk­ti­on mit nach Ber­lin. „Das moderns­te Licht, das es auf der Welt gibt,“ so Vogel.

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