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Ein Kunstwerk nur für einen Abend

Künst­le­rin Ulri­ke Mohr vor ihrer Instal­la­ti­on Balan­cing Act“ am Licht­haus. (Foto: Kunstverein)

Arns­berg. Der Kunst­ver­ein Arns­berg lädt am Frei­tag, 31. März wie­der zu einer dop­pel­ten Aus­stel­lungs­er­öff­nung ein. Zunächst wird um 18 Uhr am Licht­haus die Instal­la­ti­on „Balan­cing Act“ von Ulri­ke Mohr eröff­net. Um 19 Uhr folgt in den Räu­men des Kunst­ver­eins am Neu­markt die Eröff­nung der Aus­stel­lung „Radi­ti­on“ von Fabi­an Knecht. Im Anschluss wird die Arbeit „Iso­la­ti­on (Dead Tree)“ besucht, die nur zur Eröff­nung von 18 bis 21 Uhr in einem Wald­stück bei Arns­berg öffent­lich zugäng­lich ist. Alle Kunst­freun­de sind eingeladen.

Ausstellungsraum um die Wirklichkeit gebaut

Kunst­werk für einen Tag: „Iso­la­ti­on (Dead Tree)“. (Foto: Kunstverein)

»Iso­la­ti­on (Dead Tree)« besteht aus einem Aus­stel­lungs­raum – einem ›White Cube‹ –, der für einen Abend um einen ent­wur­zel­ten Baum in einem Wald­stück bei Arns­berg gebaut wird. „Das Werk inver­tiert und ver­än­dert all­ge­mein das Kon­zept des Rea­dy­ma­des. Fabi­an Knecht bringt nicht ein Stück ›Wirk­lich­keit‹ in den Aus­stel­lungs­raum, son­dern baut einen klas­si­schen Aus­stel­lungs­raum in die Wirk­lich­keit, um sie her­um. Das Wald­stück wird mit den schlich­ten und kla­ren For­men des White Cubes iso­liert, in sei­ner Kom­ple­xi­tät zum Werk erho­ben und ›an Ort und Stel­le‹ von Neu­em sicht­bar gemacht“, so Kunst­ver­ein-Kura­tor Vla­do Vel­kov. Das Werk ist ie fünf­te Kon­struk­ti­on eines Aus­stel­lungs­raums, mit dem Knecht ein Seg­ment der Wirk­lich­keit – vom Eis­meer bis zur Bra­che – ein­rahmt und expo­niert. Bis­lang wur­den die Räu­me foto­gra­fisch doku­men­tiert. In Arns­berg wird nun erst­mals ein Raum für die Öffent­lich­keit zu betre­ten sein.

Picassos Grab und US-Botschaft

Im Kunst­ver­ein sind vier wei­te­re Wer­ke Knechts aus­ge­stellt. Für »Zer­set­zung« brach Fabi­an Knecht in das Schloss Vau­ven­ar­gues bei Aix-en-Pro­vence ein, in dem Picas­so in den letz­ten Jah­ren sei­nes Lebens gewohnt und gear­bei­tet hat, und stahl ein Gras­stück von der Ober­flä­che des Gra­bes, in dem sich Picas­so  phy­sisch auf­ge­löst hat. »Ver­for­mung (Das Glück­li­che Objekt)« besteht aus einer skulp­tu­ral ver­form­ten Leit­plan­ke, wel­che aus ihrer Ver­an­ke­rung geris­sen wur­de. Knecht hat sie dem All­tag ent­nom­men und von der Auto­bahn in den Aus­stel­lungs­raum über­führt. „Das Objekt – durch einen Unfall ver­formt, bei dem es Todes­fäl­le ver­hin­dern konn­te – hat sei­ne Auf­ga­be erfüllt, sei­ner Bestim­mung ent­spro­chen und getan, wofür es geschaf­fen wur­de: ein glück­li­ches Objekt.“
»Ent­fer­nung (Mast)« zeigt den von Knecht demon­tier­ten Fah­nen­mast der alten ame­ri­ka­ni­schen Bot­schaft in Ber­lin. Der ehe­mals auf­ra­gen­de Mast liegt ein­sam und ver­lo­ren auf den Die­len des Aus­stel­lungs­raums. „Das phal­lisch-macht­vol­le Hoheits­zei­chen wird auf den Boden der Tat­sa­chen zurück­ge­holt.“  »Fred spuckt in den Pazi­fik« ist eine wun­der­ba­re und trau­ri­ge Arbeit – ein mini­ma­ler Ein­griff in die Welt, der plötz­lich alles ändert. Fred, ein tod­kran­ker Jun­ge, spuckt in einem Ber­li­ner Hos­piz in ein Glas, das Fabi­an Knecht auf eine lan­ge Zug­fahrt durch Russ­land mit­nimmt – vom Wes­ten über Omsk nach Wla­di­wos­tok, dann mit der Fäh­re nach Japan, durch acht Zeit­zo­nen, sech­zehn Tage lang, zum »Gro­ßen Oze­an«. In Japan ange­kom­men, an einer Küs­te in Tsu, im Wes­ten des Kern­lands, öff­net Knecht das Glas und schüt­tet den Inhalt über dem Was­ser aus.

Ausstellung im Gartenteil des Lichthauses

Tau­send Meter Seil vor dem Him­mel. (Foto: Kunstverein)

Die Künst­le­rin Ulri­ke Mohr prä­sen­tiert in ihrer Ein­zel­aus­stel­lung im Licht­haus Arns­berg eine neue orts­spe­zi­fi­sche Instal­la­ti­on, wel­che sich mit gedank­li­chen Lini­en und deren Kon­dens­strei­fen beschäftigt.
In ihrer Recher­che zur Aus­stel­lung hat Ulri­ke Mohr erkun­det, dass das Licht­haus Arns­berg in sei­ner Ent­wick­lung als eine Ein­heit aus zwei gleich­sam bedeu­ten­den archi­tek­to­ni­schen Tei­len kon­zi­piert wur­de: Glas­pa­vil­lon und Gar­ten­land­schaft (Grün­haus). Wäh­rend der Pavil­lon spä­ter als Licht­haus Arns­berg bekannt wur­de, ist das Grün­haus in sei­nem Schat­ten geblie­ben. Mit die­ser Aus­stel­lung sucht Mohr nicht das ursprüng­li­che Gleich­ge­wicht zwi­schen Archi­tek­tur und Natur, son­dern baut die Aus­stel­lungs­si­tua­ti­on radi­kal um, indem sie die Aus­stel­lung aus­schließ­lich im Gar­ten­teil des Licht­hau­ses realisiert.

1000 Meter Seil

Als Hom­mage an Wal­ter de Maria bil­det die Instal­la­ti­on einen Luft­ki­lo­me­ter ab. Hin und her stre­cken sich 1000 Meter Seil in einer Art von Moi­ré durch den Him­mel am Licht­haus. Mal geblen­det von der Son­ne, mal in Bewe­gung gebracht durch den Wind, ist die Aus­stel­lung „Balan­cing Act“ (Seil­tanz) zugleich eine Ein­la­dung, den Außen­raum neu zu erkun­den. Die kom­ple­xe Kom­po­si­ti­on ver­kno­tet Archi­tek­tur, Natur und künst­le­ri­sche Arbeit orga­nisch mit­ein­an­der. Sei­le wer­den zu gedank­li­chen Lini­en und poe­ti­schen Zei­len und schaf­fen eine räum­li­che Zeich­nung im Außen­raum, die sich mit dem Gang des Früh­lings stets ver­än­dern wird.

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