Neheim. Weil die Stadt Arnsberg im Zuge ihrer Haushaltskonsolidierung teure Mietverträge überprüft und sich von überzähligen eigenen Immobilien trennt, waren im Stadtteil Neheim auch neue Standorte für Stadtbüro und Stadtbücherei im Gespräch. Der Bezirksausschuss Neheim ließ sich jetzt auf den aktuellen Stand bringen. Demnach geht die Verwaltung derzeit davon aus, dass die Stadtbücherei Neheim auch künftig an zentraler Stelle der Innenstadt im Obergeschoss der Marktpassage bleibt. Das Stadtbüro wird definitiv nicht zum Jobcenter an der Langen Wende ziehen. Möglicherweise kann es sogar als Mieter im bisherigen Domizil, dem Alten Amtsgericht an der Schwester-Aicharda-Straße, bleiben. Der Verkauf dieses Gebäudes steckt nach wie vor im Verhandlungsstadium.
Bücherei bringt 90.000 Besucher in Innenstadt
Fast dreieinhalb Stunden musste Peter Kleine, Chef des Kulturbüros und derzeit auch kommissarischer Fachdienstleiter der städtischen Büchereien, im Bezirksausschuss auf seinen ersten Tagesordnungspunkt warten. Gleichwohl war er ganz froh, dass direkt vor ihm Wirtschaftsförderer Bernd Lepski über das Abschneiden der Neheimer City bei der bundesweiten Umfrage „Vitale Innenstädte“ berichte. Bei der Umfrage hat (wie berichtet) Neheim in seiner Größenklasse einen Spitzenplatz eingenommen, allerdings mit deutlichen Defiziten beim Gastronomie- und Freizeitangebot. Eine Bücherei sei zwar kein Ersatz für ein Kino oder eine Disco, so Kleine, aber dennoch ein wichtiger Teil eines attraktiven Freizeitangebots, der in die Innenstadt gehöre. Bei 90.000 Besuchern pro Jahr in der Bücherei Neheim sei das ein Geben und Nehmen, von dem viele profitieren. Es gebe Untersuchungen, so Kleine, dass für eine Bücherei eine innenstadtnahe Lage wichtiger sei als der letzte Schrei an Medien. Zudem, so Kleine weiter, passiere in einer Bücherei mehr als nur das Ausleihen von Büchern. Die Nachfrage nach Beratung und Hilfe bei digitaler Recherche sei groß und sein Team kompetent. Zudem sei die Bücherei durch Aktionen wie den Sommerleseclub und Kooperationen etwa mit dem Jugendzentrum und der Sekundarschule fest mit dem Ortsteil verbunden.
Ziel Mietvertragsverlängerung
„Es wäre gut für die Bücherei und gut für die Innenstadt, wenn wir an dem Standort bleiben, und deshalb ist das auch unsere Zielsetzung,“ sagte Kleine, verwies aber auch darauf, dass man die Ziele der Haushaltssanierung nicht außer Acht lassen könne. Der Mietvertrag laufe zum 31. Dezember 2015 aus, aber derzeit verhandele das städtische Immobilienmanagement mit dem Ziel der Vertragsverlängerung. Kleine kündigte an, in zwei Wochen im Kulturausschuss detailliert auf die Zukunft der Bücherei einzugehen. Er möchte zusammen mit den Mitarbeitern zunächst bis zum Sommer ein Organisationskonzept entwickeln und danach das inhaltliche Konzept. Kurz vor Jahresende sollen Förderanträge gestellt werden, um 2016 mit der Umsetzung zu starten. Kleines Schlussappell an die Politiker: „Bitte begleiten Sie Ihre Bücherei in Ihrem Ortsteil wohlwollend und kritisch. Nutzen Sie sie. Sprechen Sie mit den Büchereifachfrauen.“
Politik sorgt sich um Qualitätsverlust
Werner Frin (SPD) signalisierte volle Übereinstimmung, dass die Bücherei an diesem exponierten Standort bleibt, denn die Besucherzahlen sprächen für sich. Er äußerte aber auch Sorge, dass die Qualität weiter geschmälert werden könne. Bereits jetzt schon sei die Gesamtfläche der Bücherei ordentlich beschnitten. Es mache im große Sorge, dass es weitere Einschränkungen geben könne, wenn auch das Stadtbüro dorthin kommen solle.
Drei Interessenten für „Altes Amtsgericht“
Für den zukünftigen Standort des innenstadtnahen Stadtbüros in Neheim gibt es nach Auskunft der Stadtverwaltung noch drei Optionen. Die Verlagerung des Stadtbüros zum Jobcenter gehört nicht dazu. Sie wird „von der Verwaltung nicht verfolgt“. Die drei Optionen würden ohnehin erst relevant, wenn das Gebäude „Altes Amtsgericht“ verkauft sei. Da fänden, so die Mitteilung der Verwaltung, über den Kooperationspartner Sparkasse derzeit Gespräche mit drei ernsthaften Interessenten statt. Der Verbleib des Stadtbüros im Alten Amtsgericht sei nach wie vor eine Option, je nach Vorstellungen des Käufers. Eine zweite Option sei die Anmietung eines Ladenlokals in der Innenstadt. Die Verwaltung habe sich dazu bereits erste Immobilienangebote angesehen. Dritte Option sei die Integration des Stadtbüros in die Stadtbücherei Neheim nach dem Beispiel Dänemarks und der Niederlande, gegebenenfalls mit einer räumlichen Erweiterung.
Bücherei plus Stadtbüro eine räumliche Frage
Peter Kleine sagte den bei Option drei zunächst etwas skeptischen Bezirksausschussmitgliedern, dass für ihn nichts grundsätzlich gegen die Verbindung von Stadtbücherei und Stadtbüro spreche und er sich eine Zusammenarbeit gut vorstellen könne, dass das aber auch eine räumliche Frage sei. Ein zunehmender Ersatz von Büchern durch digitale Medien führe, so Kleine, nicht unbedingt dazu, dass eine Bibliothek weniger Platz brauche. Zu einem modernen Büchereikonzept gehöre es, die Aufenthaltsqualität zu steigern, Möglichkeiten zum Relaxen anzubieten oder auch Platz für kleine Aktionen, also insgesamt mehr zu machen und aktiver zu werden. Das Kulturbüro würde sich zudem sehr freuen, in Neheim einen passenden Veranstaltungsort für die Phantasiewerkstatt zu finden.
Denkmalschutz und Nutzungskonzepte
In Sachen Altes Amtsgericht ist laut Verwaltung vorgesehen, im Februar noch vorzulegende inhaltliche Konzepte zu prüfen. Das gelte insbesondere für die Einbeziehung der wichtigen Belange des Denkmalschutzes und der Qualität der Nutzungskonzepte. Dann werde sich zeigen, ob und wie sich die jeweiligen Vorstellungen – auch finanziell – zusammenführen lassen. Der stellv. Ausschussvorsitzender Werner Frin fragte ganz konkret, ob es „beim Denkmalschutz hakt“. Stadtplaner Thomas Vielhaber antwortete, Denkmalschutz und Käufer müssten sich auch hier einigen, und machte das am Beispiel des ebenfalls denkmalgeschützten und bereits erfolgreich an einen Investor verkauften Alten Amtshauses in Hüsten deutlich. Dort habe der Käufer zunächst Balkone an der Frontfassade bauen wollen und jetzt baue er sie an der Rückseite des Gebäudes.