Sundern. Die SPD steht noch zu ihrem schwer unter Beschuss geratenen Bürgermeister, doch intern bröckelt sein Rückhalt selbst bei treuen Unterstützern. Die anderen Fraktionen, die Brodels Rücktritt fordern, können einstweilen nur abwarten.
Die politische Lage in Sundern scheint wieder einmal verfahren. CDU, BfS, Wisu, Linken-Vertreter Siegfried Huff und die beiden anderen Fraktionslosen Michael Pellmann und Klaus Tolle, die zusammen die Mehrheit im Rat stellen, haben Brodel am Mittwochabend nach den heftigen Anschuldigungen von Kämmerin Ursula Schnelle zum Rücktritt aufgefordert. Wenn er dazu nicht bereit sei, müsse er mindestens sein Amt ruhen lassen, bis alle Vorwürfe restlos aufgeklärt seien. Da dies Wochen, wenn nicht Monate in Anspruch nehmen kann, würde das faktisch aufs Gleiche hinauslaufen, da am 13. September ein neuer Bürgermeister gewählt wird.
SPD nimmt Montag Akteneinsicht
SPD-Fraktionschef Michael Stechele erklärte am Donnerstag früh nach einer Sitzung seiner Fraktion, die SPD nehme die von der Kämmerin erhobenen Vorwürfe „sehr ernst“. Er vermied es jedoch, dazu konkret Stellung zu beziehen. Die SPD-Fraktionsspitze werde am Montag die Akten einsehen. „Danach werden wir uns zu den erhobenen Vorwürfen äußern“, kündigte er an.
Stechele warf der Kämmerin vor, dass sie nicht zuerst das Rechnungsprüfungsamt eingeschaltet und die zuständigen Ausschüsse informiert habe. Das sei „nicht nachvollziehbar“. Er lobte die Arbeit der Verwaltung. Sie habe in den vergangenen Wochen gezeigt, „dass sie auch unter schwierigen Rahmenbedingungen für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Sundern gute Dienstleistungen erbringt.“ Insbesondere der von Brodel initiierte Krisenstab SAE habe „hoch professionell“ gearbeitet und somit zum eher gimpflichen Verlauf der Pandemie in Sundern beigetragen. Die Entscheidungen seien immer „gut und transparent kommuniziert“ worden. „Umso weniger ist es nachvollziehbar, dass in dieser schwierigen Situation jetzt schwerste Vorwürfe gegen Mitarbeiter der Verwaltung aus der Verwaltung selbst erhoben werden“, attackierte der SPD-Fraktionsvorsitzende die Kämmerin.
Die hatte Brodel in ihrer Beschwerde an Landrat Karl Schneider (CDU) vorgehalten, er habe keine ausreichenden Vorkehrungen zum Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung getroffen. In einem Schreiben an den Rat hatte sie zudem eine ganze Reihe aus ihrer Sicht unrechtmäßige Eingruppierungen und Vergütungen von Mitarbeitern und leitenden Beamten aufgelistet. Stechele sagte dazu, in der Amtszeit des jetzigen Bürgermeisters habe die Verwaltung bei stark wachsenden Aufgaben und nur geringem Personalaufwuchs gezeigt, „dass sie ordnungsgemäß und wirtschaftlich“ handelt. Brodel selbst nannte er jedoch nicht ausdrücklich.
Brodel will Amt bis zum Letzten verteidigen
Der machte in der Sitzung nach Angaben von Teilnehmern deutlich, dass er auf keinen Fall zurücktreten und sein Amt bis zum Letzten verteidigen will. Er und andere warfen Frau Schnelle vor, sie habe sich in eine Kampagne gegen ihn einspannen lassen. Es sollen sich jedoch auch Differenzen zwischen Stechele und ihm gezeigt haben. Stechele sei ihm ein paar Mal in die Parade gefahren. Ratsmitglied Jens Kunen, bislang einer der treuesten Unterstützer des Bürgermeisters, wird mit dem Satz zitiert: „Das wird ein bisschen viel, Ralph. Du musst es entkräften.“ Und Birte Hirschberg, Vorsitzende des Ortsvereins Allendorf, wo Brodel bisher den stärksten Rückhalt hatte, mit der Aussage: „Das wird schwierig“.
Dem Vernehmen nach hatte Stechele eine wesentlich schärfere gemeinsame Erklärung von Fraktion und SPD-Stadtverband vorbereitet, in der die Kämmerin frontal angegriffen wurde. Die hätten jedoch in einer Vorstandssitzung am Wochenende mehrere Vorstandsmitglieder, darunter auch Birte Hirschberg, verhindert.
Von der SPD wird es im wesentlichen abhängen, ob sich Brodel bis zur Wahl im Amt halten kann, da die Fraktionen und Ratsmitglieder, die seine Ablösung anstreben, nicht über die notwendige Zweidrittelmehrheit im Rat verfügen, um ihn abzuwählen. Außerdem wäre ein Amtsenthebungsverfahren kompliziert und zu langwierig angesichts der verbleibenden Zeit bis September. Bis dahin müssen auch noch die Ratskandidaten aufgestellt werden, und dann beginnt im Sommer der schwierige Wahlkampf unter Corona-Bedingungen.
Aufklärung in eigener Sache
Deshalb richten sich im Lager der Brodel-Gegner schon einige darauf ein, dass er möglicherweise bis zum Ende seiner Amtszeit bleibt, ohne allerdings noch etwas bewegen zu können, da er im Rat nun endgültig über keine Mehrheit mehr verfügt. Viel Hoffnung auf die Kommunalaufsicht können sie nicht setzen. Landrat Schneider hat von Brodel zwar eine Stellungnahme zu den Anschuldigungen der Kämmerin angefordert. Aber er kann ihn nicht absetzen, sondern allenfalls dazu auffordern, Entscheidungen zu korrigieren und zu ändern.
Brodel hat nach eigener Aussage die Fachbereiche angehalten, die Vorwürfe zu entkräften. Das ist allerdings höchst fragwürdig, da sie vom Verdacht der falschen Eingruppierung zum Teil selbst betroffen sind, insbesondere die Verantwortliche für Personalmanagment, Gedowsky, und der Leiter des Fachbereichs 3, Lars Ohlig.
Die Ratsmehrheit hat sich allerdings auch rechliche Schritte gegen Brodel vorbehalten, sollte der die Vorwürfe nicht entkräften können. Sollte die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufnehmen, könnte das wie bei seinem CDU-Vorgänger Delef Lins den Druck auf ihn so erhöhen, dass ihn seine Partei nicht nominiert und im Wahlkampf nicht unterstützt und er seine Hoffnungen auf Wiederwahl endgültig begraben muss.