Sundern. Nach dem Scheitern des Bürgerentscheides Nelliusstraße erreichte die Blickpunkt-Redaktion heute ein offener Brief des Sunderner FDP-Fraktionsvorsitzenden Oliver Brenscheidt.
Liebe Nachbarn,
nun ist es amtlich. Ihr interessiert mehrheitlich nicht, ob eine Straße in Hachen nach einem Musiker und Nazifreund benannt bleibt oder nicht. Dies ist eine Information, die wir aus dem gestern abgelaufenen Bürgerentscheid ziehen können.
Es gibt eine weitere: diejenigen von euch, die den Weg zur Wahlurne auf sich genommen haben, waren zur einen Hälfte für und zur anderen Hälfte gegen eine Umbenennung. Es gibt keine klare Mehrheit. Anders übrigens als im Ratsentscheid.
Schnell waren Gründe zur Hand. Es sei dem Wähler nicht bequem genug gemacht worden. Das Procedere war nicht genug erklärt und auch im Internet habe man nicht genug tun können.
Ich persönlich glaube, dass es euch schlicht nicht interessiert hat. Die Beteiligung, nicht das Ergebnis, ist bedauerlich. Denn dies war euer erster Versuch direkte Demokratie zu leben. Doch 85 Prozent von euch wollten das nicht. Das macht es zukünftigen Bürgerentscheiden sehr schwer.
Aber eure Haltung bestätigt das bestehende System der Räte. Ihr wollt offensichtlich, dass Andere sich um Eure Belange kümmern.
Liebe Sunderner,
genau das tun wir Kommunalpolitiker gerne, denn es ist unser Hobby. Genau wie der Fußballtrainer seine Freizeit oft mit Jugendarbeit verbringt und uns allen damit hilft, möchten wir alle gerne das Beste für Sundern erreichen.
Aber einmal alle paar Jahre brauchen wir euch. Ihr müsst Akzente setzen. Ich müsst andeuten, was Ihr möchtet. Ihr müsst Wählen. Diese Wahl findet in wenigen Tagen, am 25. Mai statt.
Bitte nutzt die Gelegenheit.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Brenscheidt
12 Antworten
Ich gebe Herrn Brenscheidt zu 100 Prozent Recht.
Das wertvolle demokratische Recht auf einen Bürgerentscheid wurde von den Sunderner Bürgern mit Mißachtung gestraft.
Diese Bürger verzichten auf Mitwirkung in der Lokalpolitik,sie wollen in Ruhe gelassen werden mit solchen anstrengenden Themen. Es interessierte Viele auch nicht, weil es doch im entfernten (???) Hachen passierte.
Vielleicht müssen auch manche erst einmal in einer Diktatur leben, um eine Volksbefragung schätzen zu lernen.
Jedenfalls sollten sich die Bürger in Zukunft nicht über Ratsbeschlüsse beschweren. Bürgerbefragungen sind das Letzte, was sie wollen.
…die gewählten Ratsmitglieder beschließen nicht das, was die Bevölkerung will.….und
…die Verwaltung führt nicht aus, was der Rat beschlossen hat. Das ist Sundern-nicht wundern!
Deshalb brauchen wir auch in Zukunft Bürgerentscheide .
3400 Personen haben abgestimmt. Ca. 2600 Bürger hatten vorher schon unterschrieben, damit es überhaupt zu diesem Bürgerentscheid kommen konnte.…also 6.000 Bürger haben mitgemacht!
.…und das bei einem Thema, dass eigentlich 70 jahre zurück liegt . Der Verein „Mehr Demokratie“ hat zudem die miserablen Wahlbedingungen bemängelt. Trotzdem sind Tausende gekommen, um des Bürgers Meinung kund zu tun. Ein echter Erfolg der Demokratie.
– Ja, die Bürger sollen durch den Rat vertreten werden, aber zusätzlich gibt es sei 1995 auch in NRW das Instrument der direkten Bürgermitbestimmung. .…und dieses Machtmittel der Bürger wird immer dann eingesetzt werden, wenn der Bürgermeister und der Rat nicht im Interesse der Bürger handeln.
Das ist leider in der Vergangenheit vielfach in Sundern geschehen, sonst hätten die Bürger keine Bürgerinitiativen gründen müssen. Auch die neue politische Gruppe „Wir sind Sundern“ wäre nicht entstanden, wenn der Rat die Bürger sinnvoll vertreten hätte.…und die Verwaltung das ausgeführt hätte, was der Rat beschlossen hatte.
Dieser Bürgerentscheid war der erste in Sundern. Wie überall im Lande werden auch in Sundern weitere folgen. Immer dann, wenn die gewählten Vertreter des Volkes nicht mehr wissen, was das Volk will oder ganz einfach die Interessen der Bürger nicht vertreten. Wir sind Sundern
hans klein
Werter Herr Klein,
diese Art zu rechnen ist nicht mal des 4. Schuljahrs würdig!
2600 Bürger haben ihre Unterschrift gegeben um den Bürgerentscheid überhaupt erst auf den Weg zu bringen. Zahlreiche Bürger wurden dafür auf der Straße überrumpelt und versuchten, nachher ihre Unterschrift rückgängig zu machen.
Deshalb letztlich bei der Abstimmung auch nur 1776 Ja-Stimmen. So sieht die Wirklichkeit aus. Nicht mal die 2600 Unterschriftengeber stimmten nachher mit „Ja“.
Ihre Zahl von 6000 Bürgern, die mitgemacht haben, haben Sie sicherlich nachts geträumt. Es waren leider viel, viel weniger. Die Bürger haben das ganze Theater mit Mißachtung gestraft. Das hat die Stadt ca. 30.000 € gekostet. Und Sie gehen her und verlangen noch viel mehr solcher Bürgerentscheide in der Stadt Sundern?
Werter Herr „Kormoran“,
sie sprechen von „Überrumpelung“ von Bürgern und Versuchen, die Unterschriften rückgängig zu machen. Sie wissen genauso wie ich, dass das Ihrer Phantasie entspringt
und deshalb nicht weiter kommentiert werden muss.
die 30.000 Euro wären vermeidbar gewesen, da stimme ich Ihnen zu. dies lag aber nicht an der BI Nelliusstraße, die ja einen Kompromiss angeboten hatte, der in anderen Gemeinden praktiziert wurde. Der Rat der Stadt lehnte diese Einigung an und initiierte damit den Bürgerentscheid.
Ich stimme Herrn Brenscheidt und Ihnen zu, dass die Bürger kein Interesse zeigten, dies ist Fakt und kann nun natürlich unterschiedlich interpretiert werden. Entweder war es
die bewusste Verneinung der Straßenumbenennungsdebatte und damit eine „aktive“ Nichtbeteiligung oder war es Bequemlichkeit, bzw. den doch recht unbequemen Abstimmungsbedingungen geschuldet, die ja auch von der Initiative „Pro Demokratie“ bemängelt wurden. Ich denke, hier spielten alle Faktoren eine Rolle.
Daraus aber einen zukünftigen generellen Verzicht auf Bürgerentscheide abzuleiten,
heißt ein wichtiges demokratisches Element abzuschaffen, das bei anderen Situationen erfolgreich eingesetzt werden kann. Sie sollten in unserem Falle nicht vergessen, dass
es einen 100% Beschluss der Straßenbewohner gab, diesen Namen, der über 35 Jahre nie mit Hitler in Verbindung gebracht wurde, zu behalten. Ein solch klares Votum im Rat der Stadt abzubügeln, ist für mich keine kommunale Demokratie. Man hätte diese gesamte Diskussion, die verbrauchte Energie und die daraus entstandenen Spaltungen
durch die angebotenen Kompromisslösung der Straße vermeiden können.
Leider war es nicht so und wir müssen mit den Folgen leben. Verwässern Sie also bitte nicht die Ursachen für den Bürgerentscheid und die nutzlose Ausgabe von 30.000 €, die man wirklich besser hätte verwenden können.
Sicherlich haben viele nicht mit abgestimmt, aber zu behaupten, all diejenigen hätte es nicht interessiert, kann man sicher nicht so stehen lassen. Es gibt garantiert auch (ältere) Menschen, die keine Möglichkeit hatten wählen zu gehen, da die Möglichkeit des Erreichens der Wahlstelle nicht gegeben war (kein Auto), bzw. denen dann die Möglichkeit der Briefwahl „zu schwierig“ war.
Das sind in meinen Augen leider bis auf wirklich wenige Ausnahmen alles Ausreden. Innerhalb von zwei Wochen kommt doch bestimmt jeder mal in die Stadt. Oder er sollte doch wenigstens schaffen, per Brief zu wählen. Sowas war doch nicht kompliziert.
Allerdings muss ich leider anhand vieler Gespräche gerade auch mit älteren Bürgern feststellen, dass besonders unter den älteren Bürgern der Unwille ganz enorm war, sich mit dieser Materie überhaupt auseinanderzusetzen. Die Motivation kann sich jeder selbst ausdenken. Sowas jetzt auf den Wahlmodus zu schieben ist sehr billig.
Diesen „Unwillen“ älterer Bürger an dieser Materie hätte ich gerne näher kommentiert.
Ich kann den Unwillen älterer Leute sich zu informieren schlecht kommentieren, weil ich nicht in die Köpfe der Menschen hineinsehen kann. Jedenfalls war die Bereitschaft das Thema zu diskutieren bei jungen Leuten wesentlich größer.
Für mich ist dieses Thema jetzt beendet. Das Geld ist verpulvert, die Stadt hat die Umbenennung ihrer Straße beschlossen. Die Anwohner spielen bei der Namensgebung überhaupt keine Rolle. So jedenfalls verstehe ich den Auftrag an die Stadtväter. Glücklicherweise wollten die Stadtväter nicht, daß einem strammen Nazi weiter gehuldigt wird. Ich bin mit diesem Ergebnis zufrieden.
@kormoran:
Dann gehen Sie doch jetzt sicherlich dazu über, die Auflösung des Heinrich-Lübke-Museums und die Umbenennung der Heinrich-Lübke Straße in Sundern zu forcieren?
Dieser war ein noch viel strammerer Nazi als Nellius, ist er doch im Gegensatz zu Nellius für den Tod von Lagerinsassen des KZ Buchenwald/Mittelbau Dora verantwortlich gewesen.
@ Pragmatik: Verfassen Sie dazu eine fundierte Arbeit und man wird weitersehen. Wie gesagt, das Thema ist für mich hier beendet.
auch für mich beendet – aber mit einem schalen Nachgeschmack anbetracht des aus dem Boden gestampften, nicht gerade billigen ( monetär) aber in der Aktion billigen ( inhaltlich ),
Propagandaapparates der Stadt.
In Verbundenheit mit den gro0en Kompositionen unseren Sauerländer Komponisten
ein Abschiedsgruß an alle Gutmenschen..
Fundierte Arbeiten zu Lübkes Aktivitäten finden sich zuhauf. Z.B. Hat der Leiter der KZ- Gedenkstätte Buchenwald/Mittelbau-Dora, Dr. Wagner, umfangreich zu Lübke recherchiert und veröffentlicht.