Arnsberg. Beim Verwaltungsgericht Arnsberg steigt die Zahl der Asylbewerberverfahren wieder kräftig an und könnte schon bald wieder die hohe Eingangsbelastung der 1990-er Jahre erreichen. Wie Präsident Dr. Ulrich Morgenstern bei der Jahrespressekonferenz darlegte, gab es 2014 bereits wieder 2170 Asylklagen und ‑eilverfahren. Deren Zahl war von 2831 im Jahr 2000 zwischenzeitlich bis auf 677 im Jahr 2008 abgesunken.
Asyl schon wieder bei über 40 Prozent aller Verfahren
Der Anteil der Asylverfahren am Gesamteingang hat 2014 mit 41,3 Prozent sogar schon wieder die Größenordnung von vor 15 Jahren erreicht, da in den anderen Materien, die das Verwaltungsgericht bearbeitet und die vom Bau- bis zum Beamtenrecht reichen, die Eingangszahlen und damit auch die Bearbeitungszeiten kontinuierlich gesunken sind. Wie damals stammt die größte Gruppe von Klägern und Antragsteller wieder aus dem ehemaligen Jugoslawien. Im Jahr 2000 waren das 576, im letzten Jahr 782.
Chancen für Kläger aus Ex-Jugoslawien nahe null
Vor dem Verwaltungsgericht landen nur die Asylbewerber, deren Antrag abgelehnt wurde und die die kurze Widerspruchsfrist von zwei Wochen, in „offensichtlich unbegründeten Fällen“ sogar von nur einer Woche, nutzen, um den Rechtsweg auszuschöpfen. Die Chancen insbesondere der Kläger aus Ex-Jugoslawien seien aber „praktisch gleich null“, so der Presserichter Klaus Buter. Ihm persönlich sei am Arnsberger Verwaltungsgericht kein Fall einer erfolgreichen Klage dieses Personenkreises in den letzten Jahren bekannt. Eine erfolgreiche Klage sei allenfalls bei massiven gesundheitlichen Beeinträchtigungen denkbar, da die klassische politische Verfolgung in diesen Ländern nicht erkennbar sei. Buter sieht trotz der Ankündigungen der Politik, die Verfahren zu beschleunigen, die durchschnittlichen Laufzeiten bei Asylverfahren auch künftig „eher bei Monaten als bei Wochen“. Schließlich müssten auch künftig erst einmal die Akten vorliegen und dann in jedem Einzelfall geprüft werden.
Weniger Richter insgesamt, aber gestiegener Frauenanteil
Die Richter des Verwaltungsgerichts sind gut vorbereitet, denn die Asylverfahren werden zwar auf alle 13 Kammern verteilt, doch haben sich diese jeweils auf bestimmte Herkunftsländer spezialisiert. So sind allein drei Kammern für die Länder Ex-Jugoslawiens zuständig. „Mit mehr Richtern ist realistischerweise nicht zu rechnen,“ sagt Präsident Dr. Morgenstern angesichts der erwarteten Mehrbelastung. Die Mitarbeiterzahl seiner Behörde an der Jägerstraße ist seit dem Jahr 2000 von 117 auf 96 gesunken. Die Zahl der Richterinnen und Richter nahm in dieser Zeit um neun ab. Allerdings, so schmunzelt Morgenstern, ist der Anteil der Richterinnen deutlich gestiegen. Vor 15 Jahren waren es 5 von 50, derzeit sind es 16 von 41.
Deutlich sinken wird mit Beginn der neuen Wahlperiode am 1. April auch die Zahl der ehrenamtlchen Richter. Statt 265 werden es dann nur noch 137 sein, darunter 55 neue. Grund hierfür ist nicht nur der Rückgang der Verfahren insgesamt, sondern auch der deutlich höhere Anteil von Verfahren, die von Einzelrichtern und nicht mehr von Kammern mit fünf Richtern entschieden werden.
Durchschnittliche Verfahrensdauer seit 2000 halbiert
Im letzten Jahr sind beim Verwaltungsgericht Arnsberg 5249 Verfahren neu eingegangen. Im Jahr 2000 waren es noch fast 2000 mehr, im Jahr 2007 aber auch schon gut 1000 weniger. Die durchschnittliche Verfahrensdauer, die 2002 noch bei 15,4 Monate lag, hat sich inzwischen auf 8,4 Monate fast halbiert. In mehr als 75 Prozent der Fälle müssen die Verwaltungsrichter kein Urteil sprechen, sondern erreichen beim Erörterungstermin, mit gerichtlichen Hinweisen oder auch im Verlauf der mündlichen Verhandlung eine einvernehmliche Beilegung der Streitigkeit. Wenn dennoch ein Urteil gesprochen werden muss, dauert das im Durchschnitt 11,6 Monate. Hier liegt das Arnsberger Gericht ebenso deutlich unter dem NRW-Landesdurchschnitt von 12,6 Monaten wie bei der aktuellen Laufzeit aller Verfahren, wo die Arnsberger Richter immerhin 0,7 Monate schneller sind als der NRW-Durchschnitt.
Präsident Dr. Morgenstern: „Schneller und effektiver Rechtsschutz“
Kontinuierlich ist es dem Arnsberger Gericht auch gelungen, den Überhang der am Ende des Jahres unerledigten Verfahren zu vermindern. Ende 2000 waren es noch 6196 unerledigte Fälle, Ende 2014 waren es mit 3089 weniger als die Hälfte. 1,34 Prozent der Verfahren liegen derzeit schon länger als zwei Jahre beim Verwaltungsgericht Arnsberg. Das liege meist an umfangreichen Beweisaufnahmen oder an Terminverschiebungen aufgrund von Verhinderung einer Partei, so Klaus Buter. Aber auch beim Anteil dieser überalterten Klagen liegt das Arnsberger Gericht deutlich besser als der Landesdurchschnitt, der mit 3,62 Prozent fast dreimal so hoch ist. Unterm Strich konnte Präsident Dr. Ulrich Morgenstern ein positives Fazit ziehen: „Auch im Jahr 2014 hat das Verwaltungsgericht Arnsberg erfolgreich daran gearbeitet, schnellen und effektiven Rechtsschutz zu gewähren.“