Neheim. Die an sich schmale Tagesordnung für die erste Sitzung des Bezirksausschusses Neheim nach der Wahl wurde kurzfristig noch durch ein kleines Aufregerthema erweitert. Die Politiker ließen sich über das Neubauvorhaben Robert-Koch-Str. 27 informieren und auch im Ausschuss sorgten die Neubaupläne eines Investors, die im Binnerfeld bereits heftige Reaktionen seitens der Anlieger hervorgerufen haben, für lebhafte Diskussionen.
Mit Jürgen Kilpert, dem Fachdienstleiter im Kundenzentrum Planen/Bauern/Umwelt, hatten die Politiker einen Ansprechpartner, der im direkten Kontakt mit dem Bauherrn steht und von der neuesten Entwicklung berichten konnte. Noch am Freitag, so Kilpert, habe er mit dem Bauherrn telefoniert und der habe ihm unter Zeugen zugesagt, er wolle sein Bauvorhaben reduzieren.
Binnerfeld-Anwohner fürchten um Wohnqualität
In einem Schreiben an den Bezirksausschussvorsitzenden Klaus Humpe hatte ein Anwohner die erheblichen Bedenken vieler Anwohner gegen ein Neubauvorhaben in der geplanten Größenordnung geschildert. das Schreiben ist noch von 14 Wohneinheiten auf dem 1800 Quadratmeter großen Grundstück inmitten der Hinterhöfe der Straßen Zu den Ruhrwiesen, Robert-Koch-Straße und Schillerstraße ausgegangen. Aufgrund der Größe der Gebäude, der hohen Zahl von Wohneinheiten und der damit verbundenen Lärmbelästigung erwarten die Anwohner laut Schreiben eine erhebliche Verschlechterung ihrer Wohnsituation. Insbesondere richtet sich ihre Kritik auch gegen die geplante enge Zufahrt von der Robert-Koch-Straße. Die Anwohner forderten die Politiker auf, auch ihre Rechte zu unterstützen.
Lärmgutachten bezeichnet Beeinträchtigung als hinnehmbar
Jürgen Kilpert berichtete den Politikern, dass sich Anwohner bereits durch eine sehr renommierte und in Verwaltungsrecht erfahrenen Kanzlei anwaltlich vertreten lassen. Er sagte aber auch, dass das Baugenehmigungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei und damit noch nichts entschieden. Er erläuterte den Politikern, dass der Käufer des Grundstücks Baufreiheit habe und hier Wohnbebauung, die sich der Umgebung anpasse, errichten dürfe. Und auch, dass es sich bei dem Grundstück um eine seit mehr als 20 Jahren brachliegende Gewerberuine handele, die von gewissen Tieren belastet sei. Er berichtete auch von einer ersten Übereinkunft mit dem Bauherrn, der eingewilligt habe, die neuen Wohnungen statt in einem massiven Baukörper in zwei Baukörpern unterzubringen, die der Maßstäblichkeit der Umgebung besser angepasst seien. Er berichte auch von einem Lärmgutachten, das der Bauherr bei einem renommierten Berliner Büro eingeholt habe und das zu dem Schluss komme, dass der zu erwartende Lärm für die Anwohner hinnehmbar sei. In der kritischsten Stunde nachts um 23 Uhr passe es gerade noch so, fügte Kilpert hinzu, um dann auf das jüngste Telefonat zu sprechen zu kommen, über das er mit der ausdrücklichen Erlaubnis seines Gesprächspartners berichten dürfe. Darin habe der Bauherr erklärt, er sei bereit, auf ein Geschoss zu verzichten. Die Zahl der Wohnungen, dann in nur noch zwei Geschossen mit Staffelgeschoss, würde sich von 14 auf 10 reduzieren, die Zahl der zwingend erforderlichen Parkplätze von 18 auf 13.
Von schrecklichen Klötzen und richtigen Rattenlöchern
Das höre sich gut an und sei ein Schritt in die richtige Richtung, kommentierte der Ausschussvorsitzende Klaus Humpe (CDU). Sein Stellvertreter Werner Frin (SPD) sah dagegen nur den Schritt „von grauenhaft auf schrecklich“. Für ihn sei es weiterhin schwer vorstellbar, den Leuten so einen Klotz quasi in den Garten zu setzen, zudem noch mit einer sehr einfachen baulichen Qualität. Hermann Beilenhoff (CDU) nannte das Baugrundstück „ein richtiges Rattenloch“ und er sei froh, wenn das wegkäme. Auch die schmale Zuwegung sah er nicht als Problem. Da gebe es in Neheim viele andere Beispiele, dass das funktioniere, und schließlich müsse da ja nicht der Müllwagen durch. Seine Fraktionskollegin Gisela Schulte hält die Zufahrt aber sehr wohl für bedenklich. Sie machte dann auch einen Vorschlag, den Werner Frin in die Formulierung „Alle Spielräume nutzen für die Anliegen der Anlieger“ fasste. Dies war dann auch die einmütige Botschaft, die der Ausschuss Jürgen Kilpert mit auf den Weg gab. Der sagte, er nehme die Sorgen und Bedenken mit, und wird in der nächsten Sitzung weiter berichten.
Keine Kritik mehr am B‑Plan Herbeckebach
Schneller fertig war der Ausschuss mit dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan Am Herbeckebach. Über die hier geplante und inzwischen auch baulich schon weit gediehene Seniorenwohnanlage mit 29 Wohneinheiten hatte es in der Vergangenheit so manche Diskussion und auch einige Verzögerungen gegeben. Die Ausschussmitglieder gaben dem Rat jetzt ohne weitere Diskussion die einstimmige Empfehlung, den Bebauungsplan als Satzung zu beschließen. In der letzten Fassung waren nochmals Änderungen beim Abstand der Gebäude von der Grundstücksgrenze und bei der Lage der Parkplätze eingeflossen. Trotz der bedrohlichen Enge, die Werner Frin ein letztes Mal kritisch anmerkte, sind die Wohnungen am Markt angekommen und waren noch vor der Fertigstellung sehr schnell vergeben.
„Dream-Team“ Humpe & Frin wiedergewählt
Zu Beginn der Sitzung hatten sich der langjährige Ausschussvorsitzende Klaus Humpe und sein langjähriger Stellvertreter Werner Frin gegenseitig zur Wiederwahl vorgeschlagen. „Ein bewährtes Dream-Team“, so die stellv. Bürgermeisterin Rosi Goldner. Beide wurden einstimmig gewählt, auch von den Vertretern der Linken und der AfD, die erstmals an einer Neheimer Bezirksausschusssitzung teilnahmen. Ein „Luxusproblem“ hatte der Ausschuss dann bei der Besetzung von zwei Stellen für den Rat der städtischen Kindertageseinrichtungen. „Posten, für die man sonst Kandidaten mit dem Lasso einfangen muss“, wie Klaus Humpe sagte. Doch diesmal fanden sich gleich drei Kandidatinnen, allesamt neu im Ausschuss, allesamt junge Mütter und sehr am Thema interessiert. Es herrschte Einigkeit, dass hier nicht gewählt werden solle, sondern Engagement honoriert. Deshalb wurden Elisabeth Bormann (CDU), Sina Humpe (Grüne) und Elena Segalen (SPD) gleichberechtig gemeinsam nominiert und sie werden unter sich abstimmen, wer wann welche Aufgabe übernimmt.