Arnsberg. Im Lichte des aktuellen Streits um Straßenumbenennungen in Sundern haben die Arnsberger Grünen jetzt daran erinnert, dass sie eine konsequente Umbenennung von Straßen, die nach Nazi-Ideologen und Mittätern benannt wurden, bereits seit Jahren fordern. Fraktions-Geschäftsführerin Susanne Ulmke: „Die Grünen haben den Antrag auf Umbenennung bereits vor drei Jahren gestellt und harren seitdem in wachsender Ungeduld der Umsetzung. Besonders Karl Wagenfeld als Namensgeber einer Hüstener Straße ist eine Zumutung, wenn man die aktive Propagandatätigkeit dieses Menschen fürs Regime betrachtet“.
Grüne: „Keine Straßenbenennung für Wegbereiter des Nationalsozialismus“
Die gleichnamige Grundschule in Neheim sei den Argumenten recht schnell gefolgt, die Umbenennung erfolgte 2012, erinnern die Grünen. Karl Wagenfeld habe als Mitbegründer des Westfälischen Heimatbundes die Blut- und Boden-Ideologie des Regimes mit Leidenschaft vertreten und schon 1932 gesagt: ‚Wir vom Westfälischen Heimatbund, wir schalten nicht um, wir brauchen nicht umzuschalten, weil wir stets im Sinne des Neuen Reiches gearbeitet haben’. „Wagenfeld war kein Biedermeier“, so Ulmke, „er war ein Brandstifter, der die ‚Schädlingsbeseitigung’ propagierte, wenn er von politisch Andersdenkenden sprach. In einem Aufsatz vom Januar 1926 ist die Rede von denen, ‚denen deutsches Erbe ein Dorn im Auge ist. Mit ihnen gibt es nur Kampf, Kampf bis zu einem sieghaften Ende, mögen sie außerhalb unserer Grenzen sitzen oder als Fremdrassige das deutsche Gastrecht missbrauchen’. Gern hätte er einen Eugenik-Ausschuss beim Westfälischen Heimatbund angesiedelt, denn ‚die heute noch hemmungslose Fortpflanzung und Vermehrung der geistig Minderwertigen bedeutet eine wachsende Bedrohung Deutschlands in rassischer, kultureller, wirtschaftlicher und politischer Beziehung’“. Einem solchen Wegbereiter des Nationalsozialismus sollte nicht weiter die Ehre einer Straßenbenennung zugestanden werden, folgern die Grünen.
Und auch keiner Maria Kahle. Die sei schon in der Weimarer Republik aktiv in der völkisch-nationalen Bewegung gewesen und habe für den antisemitischen und antidemokratischen ‚Jungdeutschen Orden‘ als Redakteurin gearbeitet. „Das waren Mittäter, keine Mitläufer, keine Wegducker und keine unpolitischen Menschen, sondern handelnde Wegbereiter der Diktatur“, so Ulmke. Zum Zeitpunkt der Antragstellung war den Grünen der Komponist Georg Nellius noch nicht geläufig. Inzwischen wisse man, dass er sich mit „Oden an den Führer“ hervortat und damit auch nicht ruhmbekleckert dastehe. Seine Vertonungen von „Volk und Führer“-Liedern seien aus derselben unrühmlichen, kritiklosen Begeisterung entstanden.
Ulmke: „Jede Menge Widerwärtigkeitsliteratur zusammengetragen“
„Es ist eine historische Ungerechtigkeit, dass die Namen dieser Brandstifter immer noch schwarz auf blütenweiss an Arnsberger Straßen stehen“, so die Arnsberger Grünen. Und es beschäme, dass der Aufwand, den BürgerInnen bei einer Umbenennung zu tragen hätten, oder die Aktualität von Navigationsgeräten als Gegenargumente überhaupt genannt werden. „Am Volkstrauertag und davor beim Pogromgedenken werden die Resultate ihrer Zündeleien bedauert, Jahr für Jahr, aber einen Straßennamen zu ändern soll zu viel der Mühe sein?“ fragt Susanne Ulmke, die Interessierten gerne auch die Rechercheergebnisse der Grünen zur Verfügung stellt: Reden von Wagenfeld, Zitate aus verschiedenen Zeitschriften, die Lieder von Nellius. „Es ist eine Menge zusammengetragene Widerwärtigkeitsliteratur“, so Ulmkes Fazit. Eine der Reden Wagenfelds, auf dem Westfalentag 1934 gehalten, mit dem Titel „Westfalens Jugend an die Front!“
Jens Hahnwald (SPD): Nellius-Foto im Kulturzentrum soll verschwinden
Ein Portraitfoto von Georg Nellius, das im Foyer des Kulturzentrums in Hüsten hängt und wohl vom Volksmusikerbund stammen soll, hat Jens Hahnwald (SPD) in dieser Woche zum Thema im Kulturausschuss gemacht und die Stadtverwaltung aufgefordert, es abzuhängen.