Amecke. Der Andrang war groß in der Amecker Schützenhalle, rund 250 interessierte Bürger nicht nur aus Amecke waren zur Bürgerversammlung gekommen und füllten die Halle bis in die letzten Reihen. Viele waren gekommen, um sich zu informieren, einige auch, um sich zu erregen, und der eine oder andere war auch schon wieder schnaubend verschwunden, als der Bürgermeister und sein Team nach zweieinhalbstündiger lebhafter Diskussion mit höflichem Applaus verabschiedet wurden.
Grundstückspreis von 7,50 Euro in der Kritik
So unterschiedlich die Wortbeiträge auch waren, keinen Zweifel gibt es, dass das Regionale-Projekt mit Uferpromenade, Radweg, Gesundheitsweg und Gastronomiefläche in Amecke begrüßt wird. Allerdings wollen es einige, so auch Grünen-Fraktionschef Antonius Becker, der sich als einziger Ratsvertreter lebhaft an der Diskussion beteiligte, nicht um jeden Preis, und würden lieber auf die Verschwenkung der Landstraße verzichten und die Flächen für das Regionale-Projekt eindampfen, um die Grundstücksgeschäfte mit den Holländern zu vermeiden. Diese Grundstücksgeschäfte, dabei vor allem der Verkauf von über 17.000 Quadratmeter Freibadfläche für 7,5 Euro pro Quadratmeter, wird von vielen Ameckern kritisch gesehen. Zum einen wegen des niedrigen Preises an sich, vielfach aber auch wegen der Befürchtung, dass die Holländer, sobald sie diesen Vertrag in trockenen Tüchern haben, ganz anderes im Sinn haben könnten als bisher bekundet.
Amecker wollen Dorf bleiben und keinen Schandfleck bekommen
Die Geschäftstüchtigkeit der Holländer sahen gleich mehrere Fragesteller eher bewundernd als kritisch und zugetraut wird ihnen einiges. Zum einen die alte Geschichte, dass doch eines Tages aus dem Ferienhausgebiet ein wertvolleres Dauerwohngebiet gemacht werden solle, zum anderen die neue Variante, dass der Ferienpark vielleicht überhaupt nicht gebaut wird und die Investoren nur die jetzt billig erworbenen Filetstücke an der neuen Promenade vergolden wollen. Auch Befürchtungen, dass sich die Holländer zumindest an Teile der Abmachungen nicht halten werden und die zugesagte öffentliche Schwimmmöglichkeit nie entstehen wird, wurde mehrfach geäußert. Kritisch gesehen wurde auch das frisch aufgetauchte Zugeständnis, im Bereich des abgerissenen Ruhrverbandsgebäudes vier Appartmenthäuser bauen zu können.
Was die Amecker auf jeden Fall und auf keinen Fall wollen, hatte Ortsvorsteherin Monika Krick bereits in der Begrüßung gesagt. Sie wollen den Dorfcharakter Ameckes bewahren und sie wollen nicht, dass das hochgelobte Projekt Ferienpark in einigen Jahren zum Schandfleck des Dorfes wird.
Bürgermeister Detlef Lins: „Mehr geht nicht!“
In einem 40-minütigen Eingangsstatement hatte Bürgermeister Detlef Lins Informationen aus erster Hand versprochen und zunächst zurückgeblickt auf die Historie des Ferienpark-Projekts, die auch schon zehnjähriges Jubiläum habe, was ihn aber nicht beunruhige, auf den Dorfmarketingprozess in Amecke und die einmalige Chance durch die Regionale, Ideen zu verwirklichen, die man zuvor für utopisch gehalten habe, auf die Insolvenz der Sundern Projekt GmbH Ende 2013, die überraschend gekommen sei, nun aber zum Handeln zwinge, und zuletzt auf die Ergebnisse der Task Force, mit denen sich die Stadt Sundern jetzt im Saldo um 220.000 Euro schlechter stehe. Daraus zog er ein Fazit, das er im Laufe des Abends auch mehrfach wiederholte. Dieses Ergebnis sei für die Stadt Sundern darstellbar und vertretbar, es sei mit der Kommunalaufsicht und allen Behörden abgesprochen und es sichere den unveränderten Weiterbau des Regionale-Projekts und seine rechtzeitige Fertigstellung. Es gebe zudem nicht nur der Stadt Sundern, sondern auch den Ferienparkinvestoren Planungssicherheit. Auch biete sich der Stadt noch Refinanzierungsmöglichkeiten etwa durch die Vermarktung der Gastronomiefläche. Er sehe in diesem Ergebnis, das auch von seiner Verwaltung mitgetragen werde, eine große Chance für Amecke und positive Effekte für ganz Sundern. „Wir sind jetzt auf der Zielgeraden dessen, was wir seit 2006 geplant haben, mehr geht nicht,“ sagte Lins.
Gelächter für Grundstücksgutachter
Unterbrochen wurde der Vortrag des Bürgermeisters von einem Exkurs, mit dem Georg Seifert, der Geschäftsführer des Gutachterausschusses im HSK, über das rund fünf Jahren zurückliegende Wertgutachten für die Freibadfläche berichtete. Ein Auftritt, der die größten Emotionen im Saal auslöste, denn Seifert wurde gleichzeitig ausgelacht und ausgebuht, als er einen Preis von 80 Euro pro Quadratmeter nach Abzug von Erschließungs‑, Planungs‑, Verwaltungs- und Vermessungskosten, Grün- und Verkehrsflächen, Zinsverlust, Risikoaufschlag und Gewinnerwartung auf knapp über sieben Euro pro Quadratmeter klein rechnete. Die Stadt Sundern solle jetzt sogar etwas mehr bekommen als vom Gutachter ausgerechnet, sagte Lins, der aber auch deutlich machte, dass er mit dem Preis nicht zufrieden sei und dass man ihn im Gesamtpaket sehen müsse.
Warum denn das Freibadgelände jetzt verkauft werden solle, wenn doch Regionale-Projekt und Ferienpark angeblich zwei völlig getrennte Angelegenheiten seien, lautete die erste Frage aus dem Saal. „Wir machen das nicht wegen der Regionale, beide Seiten wollen aber jetzt Klarheit, das fällt halt zusammen,“ antwortete Lins.
Auf Einwürfe, die Verwaltung wolle das Freibadgrundstück unter Preis verkaufen, was sie nicht dürfe, habe kein gültiges Wertgutachten und missachte EU-Recht, das eine europaweite Ausschreibung verlange, antwortete Lins, die Verwaltung habe das sehr wohl alles geprüft und würde rechtssicher verkaufen.
Den Vorwurf des Grünen Antonius Becker, er habe sich in den Task Force-Verhandlungen von den Holländern erpressen lassen, wies Lins zurück. Mit einem höheren Preis in die Verhandlungen einzusteigen als man am Ende erziele sei ganz normale Verhandlungstaktik.
Rückholrecht soll in Kaufvertrag eingebaut werden
Auf die Frage, wie das öffentliche Schwimmen gesichert werden solle, sagte Lins, dies sei Vertragsbestandteil mit den Holländern, wenn auch nicht einklagbar. Wohin es kommen soll, könne er noch nicht sagen. Aber die Investoren brauchten das Wasser für ihren Ferienpark, und im Ferienpark Heimbach hätten sie bisher die Dinge, die sie zugesagt haben, auch 1:1 umgesetzt. Gleichwohl werde man in den Kaufvertrag ein Rückholrecht bei nicht vertragsgemäßer Nutzung einbauen.
Auf Nachfrage bestätigte Lins, dass die Stadt zum Jahresende ein Erbbaurecht für das Freibadgelände für 570.000 Euro abgelöst habe. das Geld sei von der Stadt an die Sorpesee GmbH, also von Mutter an Tochter oder von der linken in die rechte Tasche geflossen, so Lins, der auf Nachhaken hinzufügte, dass das auch mit der Aufsichtsbehörde abgeklärt worden sei.
Öffentlichkeit bei Grundstücksangelegenheiten gefordert
Auf die Fragen, ob die Grundstückspreisgutachten einsehbar seien und ob die Beratungen zu Grundstücksangelegenheiten im rat nicht öffentlich geschehen können, antwortete der Beigeordnete Meinolf Kühn, das er, so glaube er, sich stets um größtmögliche Transparenz bemüht habe, dass die Stadt aber fürchten müsse, in ihrem Status als Vertragspartner nicht ernst genommen zu werden, wenn sie Vertragsverhandlungen öffentlich mache. Der Bürgermeister ergänzte, dass im vorliegenden Fall ausnahmsweise und in Absprache mit den Holländern öffentlich über Preise geredet werde. Kühn und Lins wollen die Anregung allerdings mit in den Rat nehmen und dort diskutieren lassen, denn der Rat müsste seine Geschäftsordnung ändern, wenn öffentlich diskutiert werden soll.
Lins beantwortete auch die Frage, wofür denn alles die Ein-Euro-Abgabe des Ferienparks eingeplant sei. Ein Euro sollen Gäste des Ferienparks künftig pro Nacht zahlen, bei Vollauslastung eine geschätzte Summe von 250- bis 270.000 Euro pro Jahr. das seien zwei Punkte, so Lins, zum einen die 100-prozentige Refinanzierung des Gesundheitswegs, zum anderen eine Restzahlung in Höhe von 90.000 Euro an die ehemaligen Eigentümer des Parkplatzgrundstücks. danach könne die Ein-Euro-Abgabe für die Umsetzung neuer touristischer Ideen genutzt werden, am Sorpesee wie auch im restlichen Stadtgebiet.
Auf die Frage, ob im Bebauungsplan für das Freibadgelände nicht doch noch Dauerwohnen auftauchen könne, sagte Meinolf Kühn, es werde keine eigenständige Entwicklung geben, eine andere Nutzung als Ferienpark werde definitiv ausgeschlossen, die Bindung an den Park solle im Rat sichergestellt werden, ein Handstreich werde nicht möglich sein. Auch Lins sagte, man werde hier Sicherheitsszenarien einziehen, denn es gehe um Steuergelder.
Sieben Varianten durchgerechnet
Lars Ohlig antwortete auf die Vorwürfe, die Stadt habe nicht alle Alternativen für eine Fortführung des Regionale-Projekts geprüft. Er habe für die Task Force sieben Varianten durchgerechnet, sagte der Planer, und er könne definitiv sagen, dass es ohne die Verschwenkung der Landstraße keinen Cent Fördermittel gebe. Man könne die fast fertiggestellte neue Straße auch nicht einfach liegenlasse, wie vorgeschlagen, sondern müsse sie teuer zurückbauen, wenn man auf die Verschwenkung verzichten wolle. Auch die ebenfalls aus dem Publikum vorgeschlagene Enteignung von Grundstücken der Holländer sei keine Option. Zum einen sei es vermutlich schwierig, das benötigte überragende öffentliche Interesse darzustellen, zum anderen seien Enteignungen so zeitaufwändig, dass die Fördermittel auf jeden Fall weg wären.
Ohlig betonte auch, dass die gesamte Ferienparkfläche im Regionalplan als Freizeit- und Erholungsfläche ausgewiesen sei. Das sei damit ein Ziel der Landesplanung und biete Planungssicherheit, dass die Fläche nicht in Wohnbebauung umgewidmet werden könne. Dazu komme die derzeit laufende Änderung des Landesentwicklungsplans, die es vollends unmöglich machen werde, in Amecke als Ort unter 2000 Einwohner ein so großes neues Wohngebiet auszuweisen.
Keinerlei kritische Anmerkungen gab es zur Umplanung im Parkkonzept, das jetzt einen öffentlichen Parkplatz mit 100 Stellplätzen in der Nähe der Gastronomiefläche vorsieht und damit, so Lins, die Parkplätze ausgewogener rund um das Vorbecken verteilt.
Vier Appartmenthäuser ein Dorn im Auge
Der Bürgermeister ging auch auf die vier Appartmenthäuser an der Uferstraße ein. Zwei Wohnhäuser seien hier ohnehin jetzt schon möglich, weil für das abgerissene Ruhrverbandsgebäude hier Mischgebiet ausgewiesen sei. Bei den Überlegungen über eine sinnvolle Nutzung dieser Fläche sei eine Abrundung ins Gespräch gekommen, die auch eine Verbindung zu Entree des Ferienparks herstelle. Wenn das aber für die Amecker ein Dorn im Auge sei, werde er das weitertragen, sagte Lins, der auch alle, die noch Fragen haben, ins Rathaus einlud. Im Rat, so Lins, werde am kommenden Mittwoch mit unveränderter Vorlage, jedoch im Lichte der Erkenntnis der Bürgerversammlung beraten.
Meinolf Kühn fordert jetzt starke Signale von den Holländern
Meinolf Kühn hatte zuvor eindringlich betont, dass er die Einwände der Bürger sehr ernst nehme und die kritischen Töne mitnehme, aber auch, dass er sich jetzt etwas von den Holländern wünsche: ein starkes Signal für die Realisierung des Ferienparks und für die Realisierung des öffentlichen Schwimmens.