Arnsberg. Der Kunstverein Arnsberg eröffnet am Freitag, 5. September gleich drei neue Ausstellungen und lädt alle Kunstfreunde herzliche zu den Eröffnungen ein. Um 18 Uhr geht es los mit Katja Kottmann und „eighty-second„auf dem Neumarkt, um 19 Uhr folgt Bani Abidi mit „Ekkentros“ nur wenige Schritte entfernt im Kunstverein Arnsberg und um 20 Uhr komplettiert Yala Juchmann mit „prima materia“ das Trio im Lichthaus auf dem Klosterhof. Alle drei Künstlerinnen sind anwesend.
Drei Ausstellungseröffnunngen des Kunstvereins
Katja Kottmann Ausstellung wird zwar auf dem Neumarkt eröffnet, erstreckt sich aber über ein enormes Gebiet. Das bunte „X“ – mal in Anhäufungen, mal ganz alleine, mal gut sichtbar, mal versteckt, findet sich auf Hauswänden, Gärten, Denkmälern, Ladenlokalen, Brunnen, Flug- und Spielplätzen scheinbar willkürlich durch die ganze Stadt – in einigen Fällen sogar weit über die Stadtgrenze hinaus. „Nur der Titel eigthy-second lässt vermuten, dass sich hinter der Zufälligkeit der Anordnung ein Masterplan verbirgt“, so Kathrin Ueberholz vom Kunstverein. „Der Kunstverein Arnsberg ist für die Realisierung von Arbeiten im öffentlichen Raum bekannt. Durch Projekte über die Ausstellungsräume am Neumarkt hinaus wird zusätzlicher Freiraum eröffnet und das Denk- und Handlungsfeld erweitert. Der temporäre Charakter der Werke reflektiert die Haltung des Kunstvereins, der bisher 81 Arbeiten im öffentlichen Raum realisiert hat, wovon nur drei permanent installiert sind.“
Zeitreise und sichtbares Archiv
Die Künstlerin Katja Kottmann wurde eingeladen ein Projekt im Arnsberger Stadtraum zu realisieren. Dafür hat sie die Räume, das Umfeld, die Geschichte und das Archiv des Kunstvereins gründlich analysiert und daraus eine eigenständige künstlerische Arbeit entwickelt – „eigthy-second“ ist die 82. Arbeit im öffentlichen Arnsberger Raum. Kottmann markiert mit einem X exakt alle 81 Orte der Stadt, an denen Künstlerkollegen bereits ausgestellt haben. „Das abstrakte X wird konkret, indem aus dem Gedächtnis heraus die Kunstwerke wieder präsent werden – und in Form einer Geschichte, Erinnerung oder Legende wieder in Erscheinung treten,“ so Ueberholz. „Die Zusammenführung von eighty-second nicht nur eine Art Zeitreise, sondern auch ein sichtbares Archiv, bei dem man viel über das Denk- und Handlungsfeld des jeweiligen Künstlers und des Kunstvereins erfährt – stets eng geknüpft an Fragen der Stadtentwicklung sowie an das Nachdenken über das Ausstellen im öffentlichen Raum.“
Katja Kottmann wurde 1982 in Haltern am See geboren und lebt derzeit als Stipendiatin in Viersen. 2011 absolvierte sie die Kunstakademie Münster als Meisterschülerin von Daniele Buetti. Kottmann wurde mit dem Anerkennungspreis zum GWK-Förderpreis Kunst 2013 ausgezeichnet. Ihr Projekt eighty-second in Arnsberg wird realisiert mit der freundlichen Unterstützung der GWK – Gesellschaft zur Förderung der Westfälischen Kulturarbeit Münster.
Fakten und Fiktion verschmelzen
Bani Abidi ist eine pakistanische Künstlerin, ihre künstlerische Praxis verkörpert die Sehnsucht einer jungen Generation nach Wahrnehmung und Verständnis der nationalen Identität über Kulturen und Grenzen hinaus. Im Kunstverein Arnsberg präsentiert Abidi eine Ausstellung mit Arbeiten, die sich aus ihrem Interesse an Geschichte, Autorität und Staatsmacht entwickeln. Diese Arbeiten bewegen sich auf der unscharfen Grenze zwischen Realität und Fiktion. ganz aktuell in einer Zeit, wo die Berichterstattung über Bürgerkriege in Syrien, Irak, Libyen, Ukraine, Bombenanschläge in Israel und Palästina sowie Ebola in Afrika die Fernsehnachrichten flutet und oft von einem Action-Film gefolgt wird, wobei dann die zuvor gezeigten Fakten zur Fiktion verschmelzen. „Abidis Fotografien, Installationen und Videoarbeiten sind poetische und humorvolle Reflexionen über soziale Phänomene, aber auch Zeichen der Hoffnung und Veränderung durch einzelne Menschen, die uns über die Absurdität der Wirklichkeit hinaus führen,“ so Katrin Ueberholz.
Bani Abidi wurde 1971 in Karatschi, Pakistan, geboren und lebt heute zwischen Karatschi, Neu-Delhi und Berlin. Sie studierte Kunst in Lahore und Chicago. Ihre Arbeit war zu sehen auf der Berlin Biennale (2014), der Documenta 13 in Kassel (2012), Biennale de Lyon (2009), Gwangju Biennale (2008) und Fukuoka Triennale (2005), sowie auf Einzelausstellungen von Kolkata und Mumbai in Indien bis London.
Monumentale Wand aus Glasflaschen im Lichthaus
Das Lichthaus Arnsberg präsentiert die Einzelausstellung «prima materia» der Künstlerin Yala Juchmann. Der Titel bezieht sich auf den lateinischen Terminus der „ersten Materie“ nach der Lehre des Aristoteles über die Konstitution der Dingwelt. Materie und Form, Grundbegriffe in der Bildhauerei, werden hier am Beispiel eines alltäglichen Objekts untersucht. „Yala Juchmann analysiert die Geschichte und schmilzt die Architektur auf einen möglichen Urpunkt zurück, einen Lichtstrahl,“ so Kathrin Ueberholz. Im Lichthaus Arnsberg realisiert die Künstlerin eine Skulptur aus leeren Glasflaschen, die sie zu einer monumentalen Wand aufschichtet. Die ortspezifische Installation trennt das Lichthaus in zwei Bereiche, eine Lichtseite und eine Schattenseite. Juchmanns Experimente mit Glas, Licht und Reflektionen modulieren neue Vorstellungen von dem, das uns im Alltag umgibt. Jenseits der Materialisierung der konkreten Installation entsteht durch unsere Wahrnehmung ein Eindruck einer Materie vor und jenseits der Stofflichkeit.
Yala Juchmann wurde 1984 in Hagen geboren, ist in Arnsberg aufgewachsen und lebt seit 2005 in Berlin. Sie studierte Bildende Kunst an der Universität der Künste Berlin, an der Kuvataideakatemia Helsinki, an der Cooper Union in New York. Die Ausstellung im Lichthaus Arnsberg ist ihre erste institutionelle Einzelausstellung.
Die Installation von Katja Kottmann, mit Silikon nicht wirklich vandalismussicher aufgeklebt, ist kurzlebig, bleibt nur drei Wochen bis zum 25. September. Einen Monat länger bleiben die beiden anderen Ausstellungen. Die Glaswand im Lichthaus ist allerdings nur bei der Eröffnung aus nächster Nähe erlebbar, kann sonst aber durch die Scheiben betrachtet werden. Die Ausstellung in den Räumen des Kunstvereins an der Königstraße ist zu den üblichen Öffnungszeiten zugänglich.