Sundern. Das Thema Menschen auf der Flucht nahm auch beim jüngsten Monatspressegespräch im Rathaus recht breiten Raum ein. Es gab eine ganze Reihe überwiegend positiver Neuigkeiten, aber auch einen Aufreger. „Viele reden jetzt von postfaktischen Zeiten, aber das hier ist nicht postfaktisch, das heißt bei mir immer noch Lüge!“, empörte sich Bürgermeister Ralph Brodel über einen aktuellen Post in einem sozialen Netzwerk, der behauptet, eine siebenköpfige Flüchtlingsfamilie kassiere in Sundern 4285 Euro im Monat.
Unbekannte Familie bekäme 1700 Euro
Der zuständige Fachbereichleiter Stephan Urny präsentierte einen Ausdruck des mysteriösen Bescheids, der ihm Rätsel aufgebe. Von der Stadt Sundern stamme er jedenfalls nicht. Eine Familie mit diesen Namen und diesen Daten sei in Sundern nicht bekannt. Und wenn es diese siebenköpfige Familie gäbe, würde sie in Sundern monatlich nur 1700 Euro bekommen.
Sozialarbeiterin und Willkommensbüro
Urny hatte aber auch „schöne Nachrichten“. So verstärke seit dem 1. November eine zusätzliche Sozialarbeiterin das städtische Integrationsteam. Und auch das Willkommensbüro im Rathausfoyer habe seine Arbeit aufgenommen. Im ehemaligen Infobüro im Glaskasten seien jetzt montags, donnerstags und freitags drei Flüchtlinge als Ansprechpartner in allen Lebenslagen für andere Flüchtlinge vor Ort. Das Büro sei mit Telefon, PC und Drucker ausgestattet und stehe in engem Kontakt mit der Verwaltung.
Ab Februar wieder Schulsport in Turnhalle Stockum
Urny kündigte auch an, dass sich die Unterbringungssituation der Flüchtlinge soweit entspannt habe, dass die Stockumer Turnhalle nicht mehr als Notunterkunft benötigt werde. Dort könne mit Beginn des zweiten Schuljahreshalbjahrs wieder Sportunterricht stattfinden. Zuvor werde noch der Schwingboden erneuert. Der sei bereits vor der Unterbringung der Flüchtlinge kaputt gewesen und man nutze jetzt die Gelegenheit, ihn zu erneuern.
Abgesehen von einigen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen hat Sundern seit März keine neuen Flüchtlinge mehr zugewiesen bekommen. Das könnte sich allerdings ändern, wenn das Land zum 1. Dezember im Rahmen der neuen Wohnsitzauflage den Berechnungsschlüssel ändert, fürchtet Urny. Als ländliche Gemeinde mit geringer Arbeitslosenquote müsse Sundern mit einem Zuwachs rechnen. Dafür sei man aber gut vorbereitet und habe einen Puffer bei den Unterbringungsmöglichkeiten.
Vierte WG für minderjährige Flüchtlinge
Martin Hustadt berichtete, dass derzeit 18 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Sundern lebten. Zwei davon seien in Gastfamilien untergebracht, was hervorragend laufe, die anderen in drei Wohngemeinschaften in Hachen. Drei weitere Jugendliche seien aus Dortmund angekündigt, so dass Sundern dann seine Sollaufnahmezahl von 21 erreichen werde. Deshalb solle eine vierte WG eingerichtet werden. zudem suche man derzeit Wohnungen für zwei junge Flüchtlinge, die volljährig geworden sind und die deshalb aus der Vormundschaft der Stadt entlassen werden.
Stabiler Arbeitsmarkt mit Fachkräftemangel
Andreas Zimny berichtete von insgesamt erfreulichen Zahlen vom Sunderner Arbeitsmarkt, auch wenn eine Vermittlung von Flüchtlingen in Arbeit wegen noch zu großer Sprachprobleme derzeit praktisch nicht stattfinde. Sunderns Arbeitslosenquote verharre in stabiler Seitwärtsbewegung bei 4,0 Prozent und Sundern halte seinen dritten Platz im HSK. Nur Olsberg und Schmallenberg hätten noch niedrigere Arbeitslosenquoten. In der Nachphase der Herbstbelebung zeige sich weiterhin ein Fachkräftemangel, allerdings nicht mehr so stark wie in der Mitte des Jahres.
Integration verstärkt über Sprache
In der Arbeitslosenstatistik tauchten die meisten Flüchtlinge nicht auf, da sie nach ihrer Anerkennung meist sofort in die Integrationskurse wechselten, so Zimny, denn: „Integration über Arbeit läuft eher nicht. Sprache, Sprache, Sprache ist jetzt das wichtigste. Derzeit laufen wieder vier Kurse mit jeweils 17 oder 18 Teilnehmern. Wir wollen 100 im Jahr schaffen.“ Unter den „Kunden“ des Jobcenters Sundern sind derzeit 217 Personen aus Drittstaaten in 120 Bedarfsgemeinschaften. Rund die Hälfte kommen aus Syrien. Neben Altfällen aus der Türkei und den jugoslawischen Nachfolgestaaten stellen danach nur noch Afghanen und Iraker nennenswerte Gruppen. Nachdem das BAMF endlich eine größere Zahl von Bescheiden verschickt hat, stieg die Gesamtzahl aller Bedarfsgemeinschaften in Sundern im September von 590 auf 620. Inzwischen ist sie schon wieder auf 612 gesunken, weil es manche Flüchtlinge in die Ballungsgebiete gezogen hat. Damit liegt die Gesamtzahl der Bedarfsgemeinschaften in Sundern deutlich unter den Werten der Vorjahre (2015: 631; 2014: 653).