Sundern/Allendorf. Nein, das Thema Windkraft sei trotz des Themas Menschen auf der Flucht im Sunderner Rathaus keineswegs in den Hintergrund getreten, widersprach Bürgermeister Ralph Brodel lachend der Vermutung von Allendorfs Ortsvorsteher Anton Lübke. Der war ins Rathaus gekommen, um in Beisein der Presse eine Unterschriftenliste in Sachen Windkraftstandorte zu übergeben. Der Bürgermeister nutzte dies, um auf die „derzeit sehr vertrackte Situation“ hinzuweisen. Die Stadt Sundern sei derzeit „ein Spielball in einem unwürdigen Spiel“. Brodel verwies auf die umfangreiche Informationsvorlage für die Ratssitzung am kommenden Dienstag, die er in dieser Woche veröffentlicht hat.
Allendorfer wollen Sonnenuntergang genießen
In Allendorf gebe es heftigen Gegenwind gegen Windkraftanlagen auf der Fläche Ödenberg/Altes Feld. Diese Fläche westlich des Ortes, teils auch auf Amecker Gebiet, liege für viele Allendorf genau in der Blickrichtung, in der sie abends und nach Feierabend von der Terrasse den Sonnenuntergang genießen und nicht auf 200 Meter hohe Anlagen mit 50-Meter-Rotoren blicken wollen. Diese Fläche sei bei der Untersuchung der zehn möglichen Vorrangflächen im Sunderner Stadtgebiet seinerzeit auf Platz vier gelandet und die Befürchtung in Allendorf sei jetzt groß, dass auf diese Fläche zurückgegriffen werden könnte, wenn eine oder mehrere der Flächen auf den ersten drei Plätzen nicht verwirklicht würden, so der Ortsvorsteher.
Großteil der Allendorfer hat unterschrieben
Lübke legte dem Bürgermeister einen Ordner mit 331 Unterschriften vor. „Das macht deutlich, dass ein Großteil der Allendorfer gegen diesen Standort ist,“ so der Ortsvorsteher, der einen Vergleich zu Brodels Wahlergebnis zog. Der neue Bürgermeister habe mit 299 Stimmen in Allendorf 62 Prozent geholt. Er habe auch nicht missioniert, sei nicht von Haustür zu Haustür gegangen, sagte Lübke. Er habe einen offenen Brief an alle Allendorfer geschrieben und diesen per Email oder Brief zugestellt. Danach hätten sich die Leute ernsthaft mit der Angelegenheit beschäftigen und den Brief lesen, unterschreiben und zurückschicken müssen. Natürlich gebe es in Allendorf auch Befürworter des Standorts, insbesondere bei denen, die Grundstücke in dem Bereich hätten und sich Profit versprächen, sagte Lübke. Ganz bewusst behandle er deshalb die Unterschriftenlisten vertraulich, um nicht Zwietracht im Dorf zu fördern. Er könne aber sagen, dass 12 von 16 Vorsitzenden der Vereine und Institutionen im Dorf unterschrieben hätten und Angehörige aller politischen Lager, so der parteilose Ortsvorsteher.
Alternative Südliche Waldflächen
Lübke machte auch deutlich, dass die Allendorfer sich nicht gegen Windkraft, sondern ausschließlich gegen diesen einen Standort ausgesprochen haben. „Wir sollten genau in die andere Richtung blicken,“ sagte der Ortsvorsteher. Denn in Teilen der sogenannten Südlichen Waldflächen könnten Windkraftanlagen entstehen, die die Allendorf nicht stören und die sie wohl noch nicht einmal sehen würden. Und das hätte auch noch den Charme, dass es möglicherweise städtische Grundstücke wären und die Stadt mit den Einnahmen viel Gutes tun könnte. Nach einem Rechenbeispiel Lübkes könnte die Pacht für ein Gebiet mit fünf Anlagen bei 40-jähriger Nutzung zehn Millionen Euro einbringen.
Brodel: „Das wichtigste ist der soziale Frieden!“
Das sei natürlich eine wahnsinnig spannende Geschichte, 2,5 Millionen in zehn Jahren würden Sunderns Haushalt sehr gut tun, sagte Brodel. Dennoch könne dieses Argument aus seiner Sicht erst an zweiter Stelle kommen. „Das wichtigste ist der soziale Frieden!“ Das gelte nicht nur in Allendorf, sondern überall dort, wo es drohe, dass Leuten Anlagen groß wie Fernsehtürme vor die Häuser gesetzt werden. Brodel sagte auch, dass die Südlichen Waldflächen alleine wohl nicht ausreichen würden, um die Forderung nach Ausweisung „substanzieller Flächen“ zu erfüllen. Die Weigerung des Kreises, diese Südlichen Waldflächen für Windkraft freizugeben, weil dort irgendwann einmal ein Wanderweg ausgewiesen werden könnte, ist für Brodel allerdings nicht nachvollziehbar. „Das kann doch kein Ausschlusskriterium sein.“ Auch das Land finde das übrigens nicht witzig, berichtete er. Insgesamt haben den Bürgermeister die zahlreichen Gespräche mit Kreis, Bezirksregierung und Ministerium in den letzten Monaten aber offenbar frustriert. „Überall werden die Bälle hin und her gespielt und wir erleben uns als Spielball,“ sagte er.
Wenn-Dann-Matrix für Ratsmitglieder
„Wir sind wieder ganz am Anfang,“ beschreibt Brodel die Situation vor der Ratssitzung am 16. Februar, für die er zusammen mit Planer Lars Ohlig „eine der dicksten und am schwierigsten zu lesenden Vorlagen“ vorbereitet hat. Zentrales Element ist eine Wenn-Dann-Matrix, die den Politikern Folgen und Risiken ihres möglichen Handelns aufzeigen sollen. Und Handeln sei erforderlich, so Brodel. „Einfach dagegen sei ist nicht zielführend, dann droht die unkontrollierte Verspargelung.“ Und: „Wir müssen die Standorte finden, mit denen wir halbwegs gut leben können.“
Offener Brief Allendorf
Vorlage Ratssitzung