Arnsberg. Ein großes „Je suis Charlie“ zu Beginn während der Rede des Bürgermeisters, ein Ortsschild „Silicon Sauerland“ am Ende des Vortrags von Trilux-Chef Michael Huber, zwei strahlende junge Sportlergesichter dazwischen sowie beste Unterhaltung mit der FSG-Bigband und einer elfminütigen Lichtshow, das sind die Bilder, die vom Dreikönigsempfang der Stadt Arnsberg am Sonntag abend im Sauerlandtheater in Erinnerung bleiben. Bürgermeister Vogel forderte auf, im neuen Jahr – in einem Jahr des Aufbruchs für Arnsberg – unsere kulturellen Werte und gemeinsame Freiheiten, die Europa ausmachen, zu bewahren, aber auch neue innovative Wege zu gehen, um unser Lebensumfeld attraktiver zu machen. Dabei seien Aufbrüche immer auch Abbrüche.
In Gedanken beim Schweigemarsch in Paris dabei
Die Bedeutung von „Licht im Wandel“ im aktuellen Lichtjahr der Vereinten Nation war das zentrale Thema des Jahresempfangs, zu dem mehrere hundert Gäste ins Sauerlandtheater gekommen waren. Überschattet wurde das natürlich von den jüngsten Ereignissen in Frankreich. So sandte Bürgermeister Franz-Josef Vogel über den Vorsitzenden des heimischen Franz-Stock-Komitees Thomas Bertram eine Botschaft an das französischen Partnerkomitee: „Unsere Stadt – Arnsbergerinnen und Arnsberger mit Wurzeln in 110 Nationen und mit unterschiedlichen religiösen Traditionen ‑trauern um die Opfer der barbarischen Anschläge in Paris. Wir nehmen hier in unseren Gedanken am Schweigemarsch in Paris teil. Und wir freuen uns auf die Eröffnung der großen Franz-Stock-Ausstellung im Mai in Paris.“
Gruß in Arabisch an Neuankömmlinge aus Syrien
Begonnen hatte Vogel mit einem Gruß an die neuen Arnsberger des Jahres 2015, an Mats, Bennet Oliver sowie Julian, die ersten Neugeborenen im Klinikum zu begrüßen, aber auch an die Neuankömmlinge aus Syrien, Marokko, Georgien und dem Kosovo. Vogel: „Ich begrüße ganz besonders unsere neuen Bürger aus Syrien, die zum Teil auch auf den berüchtigten Flüchtlingsbooten zu uns gekommen sind. Achlan woa sachlan bikum fi Arnsberg! Jamil, anakom ji’itum! Herzlich Willkommen in Arnsberg! Schön, dass Sie da sind!“
2014 mehr Zuzüge als Fortzüge
Vogel berichtete, dass im vergangenen Jahr 868 Personen aus verschiedenen Ländern nach Arnsberg gekommen sind, fast 50 Prozent mehr als 2013. Knapp 40 Prozent der „Neuen“ kamen aus Ländern der Europäischen Union. Führende Herkunftsländer waren 2014 Serbien (159 Personen), Polen (128), Italien (82) und Syrien (74). „Wir sehen schon daran, wie vielfältig Zuwanderung und wie vielfältig Integration ist,“ so Vogel, der auch auf einen besonderen Effekt dieses Zustroms hinwies. „Arnsberg hatte 2014 seit längerer Zeit wieder mehr Zuzüge als Fortzüge.“
„Vielfalt bringt Gewinn für alle“
„Unterschiedliche Kulturen tragen zur Lebendigkeit unserer Stadt, zum Erfolg unserer Wirtschaft und – um einen weiteren Bereich zu nennen – zum Erfolg unseres Gesundheitswesens bei. Denken Sie nur an die jungen Ärzte, an die Pflegekräfte mit Zuwanderungshintergrund,“ sagte Vogel. „Unterschiedliche Kulturen stellen uns aber auch vor Herausforderungen. Wenn wir mit Vielfalt wirklich anerkennend umgehen, ist es eine lohnende Aufgabe, die Gewinn für alle bringt. Die 50-jährige Integrationsgeschichte Arnsbergs zeigt dies beispielhaft.“ Vogel kündigte Konzepten an, die mit den Zuwanderern erarbeitet werden sollen, und nannte als Themen „Individuelle schulische Förderung“, „Berufliche Nachwuchsförderung“, „Wohnungsmarkt“ und „Stärkung der Positionen auf dem Arbeitsmarkt“.
Der Bürgermeister dankte den Schulen für die schnelle Gründung der sogenannten Vorbereitungsklassen für die Kinder und Jugendlichen der Flüchtlingsfamilien, zitierte einen Vater mit dem Satz „Wir wollen alles tun, damit unsere Kinder neben ihrer Heimat nicht auch noch ein Jahr verlieren.“ und forderte dazu auf, mehr zu tun: „Die Schulen mit den Vorbereitungsklassen brauchen Unterstützung beim Lernen im Stadtteil, bei Exkursionen oder auch, wenn einfach nur Sportkleidung fehlt.“
Ehrung für zwei junge Sportler
Neben zahlreichen Gästen aus Politik und Verwaltung, Wirtschaft und Kultur begrüßte der Bürgermeister auch die Lebensretter Elke und Wolfgang Swora aus Wennigloh. Mit Blumen gratulierte er zwei jungen Sportlern, die sich als Titelträger ins Goldene Buch der Stadt eintragen durften. Annika Dellmann vom MSK Neheim-Hüsten war 2014 die erfolgreichste Teilnehmerin der Minigolf-Jugendweltweltmeisterschaften in Lahti, wo sie Gold mit der Mannschaft und im Matchplay und die Silber im Strokeplay holte. Moritz Kemper, Schwimmer beim SV Neptun, hat bei den Deutschen Jahrgangsmeisterschaften in Berlin Gold über 50 m Brust und Silber über 100 m Brust gewonnen. Aufgrund seiner Leistungen ist er in das Junior-Top-Team des NRW-Schwimmverbandes berufen worden und konnte jetzt an einem Trainingslager in Südafrika teilnehmen. „Klasse,“ so Vogel.
Viele neue Projekte kennen nur noch eine Stadtfamilie
Der Bürgermeister erinnerte auch an die Kommunale Neuordnung vor 40 Jahren, zeigte eine Karikatur der wenig erfreuten künftig Ehepartner, die Rücken an Rücken stehend „Jein!“ sagen, während ihre jeweils sechs lebhaften Kinder, die bis dahin selbständigen Dörfer, um sie herum toben. „Die Liebe kommt mit dem 13. Kind!“ hatte der Zeichner damals getitelt.
„Heute würde man diese Verbindung als Patchwork-Familie bezeichnen, mit einem Begriff, den es damals nicht gab,“ sagte Vogel und fragte: „Sind wir eine Patchwork-Stadt geblieben? Eine Patchwork-Stadt ohne gemeinsames Familienfest? Oder ist bezeichnenderweise der Dies Internationalis auf der Neheimer Marktplatte unser Stadtfest?“ Und er gab Antworten: „Das Jugend-Projekt Generation Zukunft, das wir 2015 weiter umsetzen, die Projekte der Stadt des langen Lebens, die Ruhrrenaturierung, die Digitalisierung, die Energiewende, das Nass, das Klinikum kennen nur noch eine Stadt-Familie. 40 Jahre nach der Rücken-an-Rücken-Trauung feiern wir 2015 erstmals einen gemeinsamen Schützentag. 40 Jahre nach der Rücken-an-Rücken-Trauung führen wir unsere Kräfte im Marketing zusammen, um die gesamten Stärken, Leistungen und Kompetenzen dieser Stadt für die jeweiligen Zielgruppen zu zeigen, aber auch um die digitale Auffindbarkeit deutlich zu verbessern.“ Vogels Fazit: „Wenn die Kommunale Neugliederung Sinn macht, dann jedenfalls jetzt 40 Jahre später. Die Gestaltung des Neuen, des Wandels ist besser gemeinsam zu meistern als getrennt. Wir leben heute in einer Zeit nie gekannten Wandels.“
Die digitale Stadt ist das 13. Kind
So hat Vogel nach 40 Jahren auch die Geburt des 13. Kindes ausgemacht: „Es ist ein anderes Kind als sich der Karikaturist vorgestellt hat, weshalb es auch nicht darauf ankommt, ob die 13 Unglücks- oder Glückszahl ist. Es ist die Gestaltung der Digitalisierung der Stadt. Es ist das digitale Arnsberg. Arnsberg und zwar die ganze Stadt wird zur digitalen Stadt und die digitale Stadt ermöglicht uns viel Neues. Auch zu Gestaltung des Wandels.“ Über den Wandel der digitalen Stadt kam Vogel auch zum Thema des Tages, dem Wandel des Lichts. Als Festredner des Abends kündigte er einen von Deutschlands Top-Managern an, Michael Huber, der nicht nur die Geschicke von Deutschlands größtem Leuchtenhersteller Trilux in Arnsberg leitet, sondern auch die der Veltins-Brauerei.
Neues Licht aus dem „Silicon Sauerland“
Huber berichtete den Gästen von einer neuen Welt des Lichts, von einem gigantischen Umbruch, den das Zauberwort LED ausgelöst habe, und der dazu führen werde, dass in zehn Jahren nicht nur die Glühbirne, sondern auch der Lichtschalter der Vergangenheit angehören werde. Die LED-Technologie sei schon über zehn Jahre alt und anfangs auch von Trilux unterschätzt worden, sagte Huber und berichtete von gewaltigen Einsparpotenzialen, denn 19 Prozent der weltweit verbrauchten Energie würden noch für Licht-Strom aufgewandt. Allein in Europa seien durch LED Einsparungen von 14,6 Milliarden Euro möglich, davon zwei Drittel in den Privathaushalten. Auch das ökologische Potenzial sei mit 23 Mio. Tonnen einzusparendem CO² gewaltig.
Und er berichtete, wie Licht intelligent wird, wie es nur dann und dort eingesetzt wird, wenn es gebraucht wird, wenn Räume genutzt werden und nicht genug Sonnenlicht zur Verfügung steht, wie es den Biorhythmus des Menschen unterstützt, Arbeit, Schlaf und Heilung von Krankheiten fördert und beim Fliegen den Jetlag minimiert. „In drei Jahren von heute an wollen wir bei Trilux nur noch intelligentes Licht verkaufen,“ sagte er, und fügte an, dass es Spaß mache, sich auf einem riesigen weltweiten Markt zu bewegen, auf dem auch ein kleiner Mittelständler aus dem Sauerland große Chancen habe. Er zeigte das Bild mit Silicon Sauerland statt Silicon Valley als Ortsschild. Die Trilux-Akademie zur Qualifizierung der eigenen Mitarbeiter, das Technologiezentrum mit 46 Ingenieuren als neue Schmiede, das Lichtforum NRW und vor allem die Fähigkeit, Lösungen zu finden, die der Kunde will, und die eigenen Mitarbeiter für diese Aufgabe zu begeistern, das alles, so Michael Huber, seien beste Voraussetzungen für ein Silicon Sauerland des neuen Lichts.